Dienstag, 1. März 2016

Ahab, Isebel und die Flüchtlingsfrage

(Auszug aus meiner Predigt. Es hilft, 1. Könige, Kapitel 21 dazu zu lesen)

Ahab symbolisiert für mich Deutschland – besonders meine Generation und die Nachfolger.
Wir leben in unserem Land wie in einem schönen Palast.
Genau wie Ahab haben wir den nicht verdient, bloß geerbt.

Zum ersten Mal wurde mir meine unverdiente glückliche Geburt an richtiger Stelle viele Jahre vor dem Mauerfall deutlich.
Meine Eltern waren mit einem Ehepaar befreundet, das in Karl-Marx-Stadt lebte. (Heute Chemnitz). Wir haben diese Freunde ab und an besucht.
Was immer nervenaufreibend war wegen der strengen Kontrollen an der innerdeutschen Grenze.
Das Ehepaar hatte fünf Kinder, rund um mein Alter verteilt.
Ich mochte die ganze Familie gut leiden – auch wegen des besonderen sächsischen Humors, dem Sinn für Ironie.
Ich habe mich mit 18 schon gefragt: Warum darf ich auf der „freien“ Seite der Mauer leben? Womit habe ich das verdient? Es hätte auch alles ganz anders kommen können…
Ahab würde sich sowas nie fragen.
Ahab nimmt seine unverdienten Privilegien als selbstverständlich.
Ahab regt sich nur dann, wenn er Angst hat, dass ihm etwas vorenthalten oder weg genommen wird.
So, wie sich in unserem Land angesichts der Flüchtlingskrise auch negative Stimmen regen. Am geläufigsten ist wohl diese Anklage: Die Flüchtlinge haben alle Smartphones!
Das ist genauso unmöglich wie Ahab mit seinem riesen Palast, den Gärten drumrum und dem Komfort. Er schielte auf den vergleichsweise sehr armen Nabot und sagte: Der hat einen Weinberg!
Für viele Flüchtlinge ist das Smartphone der einzige Gegenstand, den sie mitnehmen konnten. Der einzige Gegenstand, der sie mit ihrer Familie, ihrer Geschichte verbindet. Darüber halten sie Kontakt – so wie sich Nabot auch mit seinen Ahnen durch den geerbten Familienbesitz verbunden wusste.
Auf dem Smartphone speichern sie Erinnerungen.

Ich habe zuhause vier große Regale voller Ringbücher. Das sind meine Fotoalben.  Erinnerungen an 53 Jahre, festgehalten in besonderen Momenten. Wenn ich fliehen müsste – ich müsste das alles zurück lassen. Ich wäre froh über jede Erinnerung, jedes Foto, das ich auf meinem Smartphone gespeichert hätte.
Und da wollen wir ernsthaft her kommen und sagen: Die Flüchtlinge sind gar nicht so bedürftig? Die haben alle Smartphones?  -
Das ist egozentrische Ahab-Denke.
Und von da ist der Schritt zur mörderischen Isebel-Denke und –Tat nicht weit.

Beim Thema „Flüchtlinge“ will ich bestimmt nicht einer blauäugigen „Alles-wird-gut-Kultur“ das Wort reden. Es ist ein Problem – und es gibt keine einfachen Lösungen.
Aber ich bin sicher: Als Christen sind wir aufgerufen, „pro Flüchtlinge“ zu denken und zu handeln – und nicht gegen sie. Der Geist Gottes steht dem Geist Isebels völlig entgegen. Gott sagte schon im AT sehr deutlich Folgendes:

„Unterdrückt nicht die Fremden, die in eurem Land leben, sondern behandelt sie genau wie euresgleichen. Jeder von euch soll seinen fremden Mitbürger lieben wie sich selbst. Denkt daran, dass auch ihr in Ägypten Fremde gewesen seid. Ich bin der Herr, euer Gott.“ (3. Mose 19.33-34)
Deutlicher geht’s doch gar nicht, oder?


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