Montag, 27. Februar 2012

Email-Gespräch mit einem Literaten

Zunächst mein kleiner Appetithappen für Christsein-heute Leser:

„Aufstand“ (Ewart Reder, axel dielmann – verlag)
„3 christliche Nachgeschichten“ lautet der Untertitel für die Erzählungen in diesem kleinen, feinen Bändchen. Der Verlag wirbt damit, dass es um „das Echo des Ostermorgens, seine komplexe Nachwirkung“ geht. Das ist erstaunlich, weil es ein säkularer Verlag ist. Der Autor, ein von Fachleuten gelobter Literat, gehört zur Landeskirchlichen Gemeinschaft. Seine Geschichten in diesem Büchlein haben Johannes 20 als Grundlage. Das erkennt man nicht auf den ersten Blick, manches ist erst mal fremd und sperrig. Wer sich die Mühe macht, in diese Texte einzusteigen, darüber nachzudenken, wird überraschende Impulse bekommen und wie „Jo“ oder „Lena“ dem Auferstandenen begegnen. Als Einstieg empfehle ich, die zweite Geschichte zuerst zu lesen. Sie erschließt sich leichter als die anderen und bezeugt raffiniert die Auferstehung. Info: www.fyrleser.de

Nun kommen ein paar Fragen bzw. Gedanken an den Autor zu den „3 Nachgeschichten“:
„Du hast ja gesagt, ich könne die Chance, dich zu löchern, gerne nutzen. Dann mach' ich dat!
Am meisten Mühe macht mir dein hl. Thomas. Was du dir vielleicht gedacht hast, als du mir empfohlen hast, "Die Falte" zuerst zu lesen. Ich stelle für mich fest: Ich brauche bei Geschichten eine Logik. Also - ich liebe gute Fantasie, Sciene Fiction, Märchen! Aber die Story muss für mich in sich logisch sein. Weißt du, was ich meine?
"Hände aus Himmel" ist für mich so eine "logische" Geschichte. Sie spielt irgendwann nicht so weit von Jesu Auferstehung entfernt und erzählt aus "Lenas" Leben vor und nach der Auferstehung. Abgesehen davon ist es eine Geschichte, die ich sehr schön finde. Eine Botschaft, die bei mir angekommen ist: Jesus berührt Menschen durch Menschen. Nichtchristen werden sicher was anderes verstehen - aber das macht ja nix.

"Die Falte" ist für mich auch eine logische Geschichte. Da stört es mich überhaupt nicht, das Jo, Pit und Co eigentlich in einer falschen Zeit sind. Ich lese die mehr wie ein Gleichnis oder so. Und damit die Serviettenparallele überhaupt denkbar ist, muss die Geschichte sowieso aus ihrer eigentlichen Zeit raus.

Unlogisch erscheint mir dagegen der elektische Strom beim hl. Thomas. Alles andere, was ein bisschen Durcheinander wirkt, kann ich innerhalb der Geschichte gut nachvollziehen. (Obwohl ich mich frage: Was genau ist da in der Besenkammer passiert? :-) ) Indien vernebelt halt die Sinne, Opium zusätzlich - und da gibt es eben Eindrücke, die einen überrollen, überwältigen und so. Ich habe mir alles ganz gut vorgestellt - wie der Thomas in einer völlig fremden Kultur ganz unvorbereitet ankommt. Aber warum hast du das Ganze dann plötzlich in Zeiten des elektrischen Stroms versetzt?“

Auszug aus der Antwort des Autors (er hat die Veröffentlichung "abgesegnet"):
„Der Sicherungskasten geht auf das Konto erzählerische Freiheit, die mir sehr wichtig ist. Da bin ich Sohn der Moderne, die das Realismuskonzept des 19. Jhdt. hinter sich lässt und sich auch vom Konzept des Sozialistischen Realismus fünfzig Jahre später nicht mehr einfangen lässt. Heute schwimmen wir mE wieder in einer ganz dicken, 100 Jahre und mehr abgestandenen Realismus-Sauce, die zu viel Spannendes in der Literatur zuschwappt. Illusionen aufbauen und vom Leser nachvollziehen lassen ist ein für mich uninteressantes Konzept. Da taucht der Leser ein, aber auch weg, macht nichts mehr aus dem Leseerlebnis, gestaltet nicht mit usw. Also einfach: Freiheit zu überraschen, die köstliche und gottgegebene Freiheit Schöpfer / Mitschöpfer zu sein, statt das schon Vorhandene nachzubuchstabieren.
Wenn man dann noch die Sinnfrage stellt, wofür ich (unzeitgemäß) immer zu haben bin, hat man in dem Sicherungskasten die Anbindung der historischen Erzählung an das Indienerlebnis des heute dorthin Reisenden. Der sinnliche overload der indischen Kultur soll den europäisch-verarmten Leser als überzeitliches Phänomen herausfordern, heute = damals.“

Keine Kommentare: