Samstag, 29. Dezember 2012

Zwischen den Jahren

Noch bin ich im "Weihnachtsmodus" - die letzten Kinder ziehen erst morgen wieder aus. Aber gerade ist mir aufgefallen, dass ich noch nicht mal in den letzten Tagen immer nur die "Mutter Beimer" geben musste.
Gestern Abend zum Beispiel war ich ziemlich "trashig" unterwegs. Mit meinen beiden Töchtern bin ich bis zur U-Bahn-Station "Feldstrasse" gefahren. Dann sind wir ein paar Schritte zum Hamburger "Bunker" gegangen. Da drin, im "Übel und Gefährlich" fand ein cooler Poetry-Slam statt. Acht Wettkämpfer in zwei Runden plus eine Finalrunde. Wir haben uns prächtig amüsiert - es gab ausgezeichnete Darbietungen und ich schätze diese besondere Kunstform immer mehr.
Besonders nett war es,dieses Event mit meinen Töchtern zu genießen. Die schummrige Atmosphäre, die unbequemen Plastikstühle, das Biergenuckel aus der Flasche - also nö, das war jetzt ganz bestimmt keine Mutter-Beimer-Kulisse. Allerdings - wieder mal gehörte ich im Publikum zu den wenigen Alten. Aber so lange meine Mädels sich nur ab und an über mich lustig machen ohne sich mit mir in der Öffentlichkeit zu schämen, fühlt sich "Altwerden" noch ganz ok an.

Freitag, 28. Dezember 2012

Weihnachten 2012

Manchmal kann man sich seine Rolle im Leben nicht aussuchen - sie ist einfach da.
Am 26.12. kurz vor Mitternacht schauten der Gatte und ich uns an und sagten: "Jetzt sind wir die Patriarchen." Wir hätten es auch feministisch ausdrücken können. Dann könnte es heißen: "Jetzt sind wir Mutter Beimer". (Die gehört seit über 25 Jahren in die Lindenstraße und war schon immer die, welche sich um alles kümmert; die, bei der alle Fäden zusammenlaufen.)
Auf unserem Weihnacht-Spaziergang am 26.12. waren der Gatte und ich die Gastgeber des Familienevents - und die Ältesten. Außer uns waren unterwegs: Unsere drei Kinder, zwei zukünftige Schwiegerkinder, Lydie aus Kamerun, mein kleiner Bruder mit Frau, meine Nichte (9) und mein Neffe (3).
Mein Bruder sagte: "So lange wir noch immer mehr werden, ist alles gut. Wenn die Weihnachten kommen, wo welche von uns fehlen, wird es traurig."
Jo - kann man so sagen. Und mittlerweile ist es soweit, dass die Ersten, die naturgemäß fehlen werden, der Gatte und ich sind. Obwohl meine Kinder immer sagen: "Mutzi - du wirst bestimmt 110!"
Falls es tatsächlich so weit kommt, werden DANN meine Kinder diejenigen sein, die für mich Weihnachten ausrichten. (Oder deren Kinder...)
Derzeit sind wir diejenigen, die Weihnachten "ausrichten". Bei uns sammelt sich die Familie und lässt es sich gut gehen. Nicht nur am 26.12. - die ersten Kinder sind schon am 23.12 für eine Woche bei uns eingezogen. Und das war schön! Wir sind dankbar, dass unser Haus groß genug für alle ist. Ich hatte Spaß daran, mich in aller Ruhe um die Vorratshaltung und das Schmücken zu kümmern. Was für ein Geschenk, einen Tisch zu haben, um den locker 12 Menschen passen! Und trotzdem: Ich freue mich auch, wenn wir zwei Patriarchen (oder wir zwei Mutter Beimers) unser Haus ab morgen nachmittag wieder für uns haben.
Das Leben ist schön, wenn es aus Abwechselung bestehen darf. Ich würde verrückt, wenn ich tagaus-tagein auf diese Mutter Beimer Rolle festgenagelt wäre. (Das hat meine Mutter Jahrzehnte so durch litten). Aber so, wie es derzeit bei mir ist, ist es schön. Ab Morgen habe ich wieder Zeit für mich, für Zweisamkeit, fürs Schreiben, für Vorträge...Und erst Ende März, wenn Ostern ist, werden die Kinder mit ihrem Anhang wieder für ein paar Tage einfallen. Und dann werde ich mich wieder drauf freuen, für ein paar Tage "Mutter Beimer" zu sein.
  
 

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Winterzeit - Lesezeit

Lesen macht natürlich immer Spaß. Wer gerne liest, dem ist selbst die längste Zugfahrt zum Beispiel nicht langweilig. Aber so ein grauer, kalter Winternachmittag kann mit einem guten Buch zu einem echten Highlight werden. Lesen mit Kuscheldecke und dicken Socken auf dem Sofa ist an unterhaltsamer Gemütlichkeit einfach nicht zu toppen.
Gerade habe ich zwei Liebesromane mit großem Vergnügen hintereinander gelesen. Und dass, obwohl ich Liebesromane gar nicht so mag. Aber diese beiden "Franzosen" empfehle ich sehr gerne:

"Leon und Louise" von Alex Capus
Diese Liebesgeschichte beginnt während des ersten Weltkriegs. Ein Fliegerangriff reißt die Teenager auseinander, sie halten einander für tot. Leon heiratet. 1928 begegnen Leon und Louise sich zufällig wieder. Was weiter passiert, wird bis ins Jahr 1986 häppchenweise erzählt - und zwar sehr gut. Vor allem die Zeit, als die Nazis über Paris herrschten, wird eindrücklich lebendig. Und trotz aller Dramatik ist der Ton des Buches leicht und immer wieder auch komisch. Leon und Louise sind ein höchst originelles Liebespaar - zum Verlieben!

"Das Lächeln der Frauen" von Nicolas Barreau" 
"Komisch, verführerisch, witzig und romantisch" - so heißt es im Werbetext. Und das stimmt! Die Geschichte  ist nicht so tiefgründig wie die von Capus, aber mindestens genauso originell und durchaus hintersinnig. Da werden en passent kleine Spitzen gegen das Verlagswesen ausgeteilt. Die Story geht so:
Die Restaurantbesitzerin Aurelie hat Liebeskummer. Unglücklich streift sie durch Paris und stößt in einer Buchhandlung auf einen Roman, der nicht nur ihr Lokal, sondern auch sie selbst beschreibt. Natürlich möchte  sie den Autor kennenlernen. Doch der ist leider sehr menschenscheu, behauptet sein bärbeißiger Lektor. Aber Aurelie gibt nicht auf...

Diese beiden Romane plus Kuscheldecke plus dicke Socken sind mein heißer Tipp gegen Winterdepression.  

Donnerstag, 29. November 2012

Die auf Facebook lasen es schon...

...aber natürlich muss ich es nun auch hier posten. Mein Buchcover ist fertig. Und hier kommt die Werbung vom Verlag:


Undercover-Engel Ernesto ist gar nicht begeistert, als sein Pieper ihm die Nachricht übermittelt, dass er für einen neuen Geheimauftrag zurück auf die Erde muss. Eine Gemeinde im Ruhrpott macht Probleme, und gemeinsam mit seinem nervigen Kollegen Berthold soll er sich dort einschleusen, um die schwarzen Schäfchen wieder auf den rechten Weg zu bringen. In ihren „Telepathie-Mails“ berichten sie dem Kommandostab regelmäßig vom irdischen Geschehen.Mit viel Humor, einem scharfen Blick für Gemeinde-(Un-)Sitten und genauem
Empfinden für seelsorgerliche Nöte erzählt Annekatrin Warnke in ihrem Erstlingswerk die witzig-unterhaltsame Geschichte des Undercover-Duos „Ernie und Bert“.

Cool, oder? :-)




Freitag, 23. November 2012

In den Kindern weiterleben...

...prima, wenn man das noch mitkriegt, bevor man tot ist!
Gestern war Premiere in Hamburg - Musik und Theater.

http://www.youtube.com/watch?v=zRFSzlKlwK4

Mal abgesehen davon, dass sich mal wieder gezeigt hat, was für eine fantastische Geschichte C.S. Lewis geschrieben hat (und dass man die auch in Chormusik mit eingespielten Szenen berührend umsetzen kann) - für die Theatertruppe war meine älteste Tochter verantwortlich.
Sie hatte nur knapp drei Monate Zeit, um diese Truppe auf die Beine zu stellen und regiemäßig einzunorden. Das hat sie super gemacht! Großes Kino!
Da sehe ich dann, dass mein Kind dieselben Vorlieben hat wie ich.
Allerdings kann Raffaela viel mehr als ich. Sie hat gestern auch eine Theaterolle gespielt und ein Solo gesungen - und das war Beides richtig großes Kino! Da freue ich mich dann, dass wir uns an beiden Talenten in ihr schon gefreut haben, als sie noch sehr jung war. Und dass sie die auch weiter entwickeln konnte.

Aber "Narnia" Hamburg 2012 lohnt sich nicht nur wegen Ela. 120 SängerInnen und eine großartige Band musizieren beeindruckend. Und die Laienschauspieler haben ihre Sache alle richtig gut gemacht!


Sonntag, 11. November 2012

"Ziemlich beste Freunde"...

...solche in dem Gatten und den erwachsenen Kindern zu haben, ist eine der Segnungen, die "frau" erleben kann, wenn sie jung Mutter geworden ist.
Gestern wurde ich 50. "Ich bin halb so alt wie du", sagte das Mittlere unserer Kinder zwischen 22 und fast 27. Sie sagte es mitten in einem Wochenende voller Spaß und Harmonie. Mein Geburtstagswochenende habe ich mit meinen vier liebsten Menschen in einem Hotel mitten in der Bremer Altstadt verbracht. Aus diversen Himmelsrichtungen hatten wir uns dort getroffen. Gebucht war ein Doppel- und ein Dreibettzimmer. Was unsere Drei als Kinder blöd fanden, finden sie jetzt als Ausnahme nett: Zwei Nächte in einem Zimmer. Die Zimmer lagen direkt gegenüber. Freitagnacht haben wir in Pyjamas in meinen Geburtstag rein gefeiert.
Ausserdem hatten wir zweimal lecker Hotelfrühstück, zweimal lecker Abendessen, einen Casinobesuch, ein Shoppingerlebnis, einen Museumsbesuch, diverse Cocktails und ganz viel "Erzählen".
Es ist nett, sowas gemeinsam zu erleben, wenn alle Beteiligten noch gesund sind und Lust haben, was zu unternehmen.
Ich glaube, wir werden uns alles Fünf gerne an meinen 50. erinnern. Wird auch für unsere Kinder schön sein, wenn es irgendwann schwierig und anstrengend wird mit ihren alten Eltern.

Samstag, 3. November 2012

Laberwasser - dat letzte für heute

Also - der Gatte guckt immer noch Fußball. :-) Nachdem er meinen sensationellen Eintopf mit Genuss verputzt hat...
Wer öffentlich redet, bekommt auch Komplimente. Irgendein "Fan" ist immer unter den Zuhörern - und außerdem sind Erwachsene oft auch einfach nur höflich und nett. Muss man sich also nix drauf einbilden, wenn man nach ner Rede gelobt wird. Es gibt auch die Kritiker - und die meckern oft ausgiebig später.
Wirklich eingebildet bin ich nach diesem WE wegen der Zuneigung von Hanna. Die ist sechs Jahre alt und gehört zu meiner Gastgeberfamilie. Beschrieben wurde sie mir als extrem schüchtern.
Von dieser Schüchternheit war im Gespräch mit mir beim Abendbrot gestern nichts zu merken. Hanna war sehr zutraulich. Die Krönung war ihr Kuss auf meine Wange, als sie sich im Schlafanzug und mit geputzten Zähnen von allen zur Nacht verabschiedet hat. Zum Kuss hat sie wirklich Keiner gezwungen!
Heute Morgen zum Abschied bekam ich dann ein extra gemaltes Bild von ihr. Da ist eine wunderschöne Sonne drauf, ein dunkler Mond und ein Regenbogen. Und nen Kuss gabs noch als Zugabe oben drauf.
Dass unsere Herzen sich so in kurzer Zeit gefunden haben - da freue ich mich echt drüber! Wenn ein Kind einem spontan und vertrauensvoll seine Zuneigung schenkt - das ist echt was, wo man sich was drauf einbilden kann!

Laberwasser getrunken...

...so nennt man das, was mich gerade befallen hat, dort, wo ich "wech" komme. Nach "labern" kann man googeln, siehe hier:


Bedeutung: plaudern

 [Verb]

quasselnquatschenratschenredenerzählensich unterhaltensprechenbabbeln,daherschwätzenklatschenklönenlabernpalavernplappernplauschenschwatzen


Mir ist gerade nach "labern". Bin zurück von meinem dritten FFF mit Übernachtung in Folge. Und der Gatte guckt gerade Fußball. :-)
Also - ich kann mich ärgern, dass ich über meine Einsätze als Referentin bei FFF nicht Tagebuch geführt habe! Immerhin mache ich das jetzt seit Herbst 2004 und habe dabei ne Menge erlebt. Vor allem bei den Einsätzen mit Übernachtung! Von eiskalten Kellerzimmern bis Luxus-Apartments in schicken Privat-Villen war alles dabei.   
In den letzten drei Wochen hatte ich: Ein echtes Hotelzimmer am Veranstaltungsort in Diepholz. Nach der Freitagabendveranstaltung mit Männern konnte ich noch ein Dinner ala Kart bestellen. Und morgens fiel ich ausgeruht in den Saal fürs Frühstück. 
Letztes Wochenende hatte ich ein Zimmer im Privathaus unterm Dach mit eigenem Bad - sogar für zwei Nächte, weil in Gevelsberg auch noch die Sonntagspredigt "gebucht" war. Die "Ollis" in Ennepetal sind wunderbare Gastgeber, die auch gleich noch ein Wochenendverwöhnprogramm für mich zelebriert haben.
Letzte Nacht war ich dann in Jever. Dort hatte ich zum Schlafen ein Durchgangszimmer mit Familienanschluss - der bestand aus Oma, Eltern und zwei entzückenden Kindern zwischen sechs und vier Jahren. Mit der jugendlichen Oma teilte ich das Bad, das Abendbrot teilten wir alle Sechs miteinander. Weil das liebe Menschen sind, war auch das eine schöne Erfahrung.
Es macht mir viel Freude, so unterwegs zu sein und in unterschiedliche Leben rein schnuppern zu dürfen. Gott sei Dank kann ich ja überall schlafen.Spannend finde ich die Abwechselung aber vermutlich nur, weil ich nicht so leben MUSS. Ich freue mich dann immer wieder auf MEIN Bett, MEIN Zuhause und MEINE Leute. 
Aber es macht großen Spaß, immer wieder unterwegs sein zu dürfen. "Referentin" ist ein prima Nebenjob! Da kostet das Unterwegs-Sein und Eindrücke sammeln einen selbst keinen Cent - nur Zeit. 
      

Was ist eigentlich "Rhetorik"?

Ich komme auf die Frage, weil ich nun an drei Samstagen und zwei Sonntagen hintereinander gehört habe, ich würde die gut beherrschen.
Also - ich hatte ab Mitte Oktober drei Frauenfrühstücke und zwei Sonntagspredigten. Fünf ganz verschiedene Reden, zu fünf Themen. Und was "Rhetorik" ist, weiß ich immer noch nicht genau. Hat wohl was mit Redekunst zu tun - und man kann das wohl auch lernen. Ich habe das nicht gelernt - und wundere mich deshalb über Feedbacks in diese Richtung.
Der Wikipedia-Eintrag zum Thema ist mir zu mühsam zu lesen - viel zu theoretisch. Allerdings habe ich dort einige interessante Zitate gefunden:


  • „Eine gute Rede hat einen guten Anfang und ein gutes Ende – und beide sollten möglichst dicht beieinander liegen.“ (Mark Twain)
  • „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst.“ (Augustinus von Hippo)
  • „Daher ist es erforderlich, Kunstfertigkeit anzuwenden, ohne dass man es merkt, und die Rede nicht als verfertigt, sondern als natürlich erscheinen zu lassen – dies nämlich macht sie glaubwürdig.“ (Aristoteles)
  • „Beherrsche die Sache, dann folgen auch die Worte − rem tene, verba sequentur.“ (Cato der Ältere, 234–149 v. Chr.)
  • „Eine gute Rede ist wie ein Bikini – knapp genug, um spannend zu sein, aber alle wesentlichen Stellen abdeckend.“ (John F. Kennedy)
  • „Wählen Sie für Ihre Reden Themen, die Ihnen am Herzen liegen.“ (Dale Carnegie)


Zu diesen Erkenntnissen kann ich nur sagen: "Ja!" Meine Erfahrung ist: Eine Rede muss nicht brillant sein. Sie muss nicht super intelligent wirken. Und schon gar nicht muss sie Gestik und Mimik aufgesetzt einsetzen. Klar sollte man drei Sätze geradeaus sprechen können vor Publikum. Aber was ankommt, ist das, was ehrlich ist. Was ankommt ist, wenn man nicht manipuliert, sondern anbietet; wenn man die Zuhörer als mündige Menschen ernst nimmt. 
Ich behaupte also mal: Die wichtigste Voraussetzung für eine gute Rede ist die echte Überzeugung und Leidenschaft des Redners zum Thema. Dann spielt alles, was man an "Redekunst" lernen kann, eine untergeordnete Rolle. Oder?

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Was ist eigentlich "Glück"?

Auf diese Frage gibt es natürlich viele kluge Antwortversuche, die manchmal dicke Bücher füllen. Als ich heute morgen sehr erstaunt über mich war, habe ich über MEINE Antwort nachgedacht.
Ich habe mich heute so gegen 10.00 gewundert, dass ich so fröhlich bin. Das fiel mir mitten in einer meiner ungeliebtesten Aufgaben auf: Ich war beim Badputzen. Und trotzdem - und obwohl der nächste Urlaub in weiter Ferne liegt - war ich supergut drauf! Und mir wurde bewusst, dass das (im Großen und Ganzen jedenfalls) schon seit Monaten so ist. Obwohl in diesen Monaten nicht alles so klasse war wie Südafrika.

Ich habe ein bisschen nachgedacht, als ich das Klo scheuerte - und hier das Ergebnis:
Glück ist, wenn man Niemanden kennt - egal ob persönlich oder aussem Fernsehen - mit dem man tauschen möchte. Ich möchte tatsächlich Niemand anders sein als ich. Was jetzt nicht heißt, dass es nicht noch gewaltige Verbesserungsmöglichkeiten meines Charakters gäbe. :-)) Aber ich freue mich, dass ich MEIN Leben leben darf.
Das ist nicht nur verwunderlich. Ich bin nicht arm und ich bin nicht krank - und damit schon mal besser dran als weit über 90% der Weltbevölkerung. Trotzdem gibt es ja Menschen, die auch nicht arm und krank sind und trotzdem unzufrieden.
Aber die haben vielleicht keinen Ehepartner, der ihr bester Freund ist. Der Gatte und ich sind nun 28 Jahre verheiratet und ich weiß Niemand, mit dem ich soviel gemeinsam gelacht habe wie mit ihm. Ich weiß auch Niemand, mit dem ich so kräftig zanken kann ohne dass nach dem Streit Bitterkeit zurück bleibt. Und bei aller Vertrautheit gibt es trotzdem immer mal wieder dieses Prickeln im Bauch als hätte ich Unmengen Brausestäbchen gegessen...
Die haben vielleicht auch nicht drei wunderbare, erwachsene Kinder, mit denen ein geselliges Zusammensein immer wieder Spaß macht. Natürlich machen wir uns um jedes von ihnen auch Gedanken und Sorgen - ganz unterschiedlicher Art. Aber weil sie ganz besonders sind, gehören sie zu den Menschen, die wir immer wieder richtig gerne um uns haben. Und als Sahnehäubchen oben drauf haben sie auch noch einen guten Geschmack, was ihre Partner und Freunde anbelangt.
Und nicht zu Letzt: Ich bin völlig einverstanden mit den Gaben, die Gott mir gegeben hat. (Auch mit denen, die er mir nicht gegeben hat.) Und Gott ist so nett zu mir, dass er mich das, was ich kann und gerne tue, auch immer wieder machen lässt. Oft mit Segen.
Ich bin mir bewusst, dass Glück zerbrechlich ist. Hiob hat das in aller dunklen Tiefe erleben müssen. Aber dieses Bewusstsein lässt mich jeden Moment mit Mann, Kindern, Freunden und erfülltem Dienst so richtig dankbar genießen. Und das ist auch schon wieder Glück.

Samstag, 13. Oktober 2012

Lebensweisheiten stimmen nicht immer

Nehmen wir "Der Weg ist das Ziel". Für eine Reise nach Südafrika ist das ein dummer Spruch. Der Weg dorthin ist von Hamburg aus ätzend. Wir flogen knapp 1 1/2 Stunden nach London. In Heathrow hatten wir drei bis vier Stunden Aufenthalt. Dann folgte der ca elfstündige Flug bis Kapstadt. Gestern bzw. vorgestern startete das Ganze dann Retour.
Dazwischen allerdings lagen drei wundervolle Wochen am ZIEL: Mit dem Mietwagen von Guesthouse zu Guesthouse im südlichen Südafrika. Dort war Frühling - und das Ganze war eine echte Traumreise.
An einem der letzten Tage relativierte sich aber sogar der ätzende Weg für uns. Wir nahmen an der Capetown Waterfront die Fähre nach Robben Island. Wenn man gesehen hat, in was was für einem Hundezwinger von Gefängniszelle Nelson Mandela über 20 Jahre lang eingesperrt war, sind elf beengte Flugstunden wirklich bloß Peanuts!
Robben Island hat uns tief getroffen. Vieles andere auf unserer Reise hat uns durch Schönheit berührt. Eine einzigartige Landschaft über die Weinbaugebiete, die knorrige kleine Karoo, die duftenden Zitrusfarmen bis zu den weiten, einsamen Stränden am Indischen Ozean und am Atlantik. Küstenstrassen und Pässe, Strauße, Elefanten und Löwen, Wale und Pinguine und - vor strahlend blauem Himmel in seiner ganzen Pracht - der Tafelberg.
Wir hatten lange Gespräche mit Afrikaans, Englisch und Xosa, auch mit deutschen Einwanderern. Südafrika ist ein Land voller Probleme - und durch und durch liebenswert. Schade, dass es so weit weg ist. Je älter wir werden, um so mehr wird der Weg dorthin uns nerven. Ich hoffe, wir machen uns trotzdem noch mal dorthin auf. Weil in dem Fall eben das Ziel das Ziel ist.  

Montag, 17. September 2012

Fast 14 Tage nicht gebloggt!

Das deutet daraufhin, dass ich anderes zu tun hatte.
Vor allem habe ich mein Manuskript für meinen ersten Roman - ok, eher ein Romänchen - abgegeben. So Ende Oktober bekomme ich das dann zu sehen, so wie es im Buch gesetzt aussehen wird. Dann muss ich ordentlich Korrektur lesen und werde hoffentlich überrascht sein, was mir so alles eingefallen ist. :-)
Ist jedenfalls ne Mischung aus Fantasie und Gemeinderealität. Manche Passagen sind wohl recht witzig. Und diese ganze Vielfalt gibt es dann auf gut 120 Seiten. Soll im Frühjahrsprogramm bei Brendow erscheinen. Sobald der Titel feststeht, werde ich ihn natürlich posten. Irgendwas mit "Undercover" und "Engel" wird darin vermutlich vorkommen.
Außerdem habe ich vor einigen Tagen meine erste Spesenrechnung für Christsein heute abgegeben. Da kam ich mir sehr wichtig vor! Ich war gebeten worden, Maike Ettling zu interviewen. Die ist Missionarin für die Allianz-Mission in Tansania. Derzeit ist sie im Heimataufenthalt mit "Basisstation" bei ihren Eltern in Bremervörde. Christsein heute war bereit, mir die Fahrtkosten dorthin zu erstatten. Allerdings ist das eine üble Gurkerei von mir aus. Und bei den Spritkosten auch nicht grad günstig. Deshalb hatte ich Maike vorgeschlagen, dass wir uns in HH treffen und auf Kosten der Redaktion zum Mittagstisch gehen. Haben wir dann auch gemacht. Und ich habe die Rechnung dann ganz businesslike eingereicht. Das Ergebnis aller Arbeit wird dann wohl in der Novemberzeitschrift zu begutachten sein. Es ist wirklich interessant, was Maike zu erzählen hatte!

Der nächste Post wird erst so in vier Wochen erscheinen. Aber nicht, dass Einbrecher denken, sie hätten freie Bahn! Wir haben "Haussitter" aus der Familie engagiert. :-)

Dienstag, 4. September 2012

Ach ja - die Predigt!

Ich habe gerade gesehen, dass ich ja am 13. August gepostet habe: Ich will berichten, ob die neue Predigt zum ungeliebten Bibeltext von Gott gesegnet war. Da kann ich nun gar nix drüber sagen, weil ich die Predigt ein zweites Mal komplett geändert habe. Die zweite Variante wäre für irgendeinen Abendmahlgottesdienst vielleicht ok gewesen - aber nicht für den ersten Abendmahlgottesdienst nach unserem Abschied von Bärbel. Ich konnte mich gut von allen vermeintlich brillanten Ideen und Formulierungen verabschieden und habe versucht, in unsere konkrete Situation hinein zu sprechen. Ob das gesegnet war, kann ich nicht beurteilen. Es war jedenfalls ehrlich. Und ich bin dankbar, dass ich das kann: Scheinbar gute Ideen loslassen und relativ spontan sein. Das ist mir weder angeboren noch anerzogen. Ich bin überzeugt, das ist Gottes verändernde Gnade. Ich vertraue wirklich darauf, dass Gott unsere Worte nimmt so wie Jesus damals die paar Brote und Fische. Und dass er dann mit diesen mickrigen Worten was machen kann. Dass er das Wunder vollbringt, dass jeder diese Worte so hört wie er sie braucht. Das heißt nicht, dass ich in der Vorbereitung schludern darf. Es heißt aber, dass ich meine Energie nicht in die Ausfeilung großartiger Formulierungen stecken muss. Für Gott reichen ein paar Brote und kleine Fische. Damit kann er Viele satt machen. Das ist ein Wunder, dass Prediger immer wieder erleben.

Eine Hochzeit und ein Todesfall

Der Tod meiner Gemeindeschwester belastet mich weiter. Das wird wohl noch lange so sein. "Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder,leidet die ganze Gemeinde mit." Das ist so. Zumal Bärbel mittendrin war in unserer Gemeindefamilie. Ihre Mutter, ihre Schwiegermutter, ihre drei Kinder, die Familie ihrer Schwägerin - alle sind in unserer Gemeinde zu Hause. Wir leiden und zweifeln und hoffen. Heute vor einer Woche war die Trauerfeier von Bärbel. An die 500 Menschen waren dabei - und wir schwammen in einem Meer von Tränen. Am Samstag hatten wir dann eine Hochzeit in der Gemeinde. Hier konnten wir zeigen: Wenn ein Glied (oder zwei Glieder) sich freut, dann freut sich die Gemeinde mit. Diese Freude verdient ein Hochzeitspaar an seinem großen Tag! Wie eng liegt das zusammen: Tod und Leben, Schmerz und Freude, Ausgelöschtsein und Hoffnung auf Zukunft, Trauern und Feiern. Die negative Seite der Medaille des Menschseins kann uns alle jederzeit treffen. Wir sind extrem verletztlich - und Sicherheit gibt es nicht. Deshalb ist es so wichtig, das Leben zu feiern, wo sich das gerade anbietet. Wir können als Gemeinde dankbar sein, dass Gott uns in diese Herausforderung gestellt hat: Feiert das Leben, wo es sich zeigt - mitten im Schmerz.

Freitag, 24. August 2012

Das Leben läuft weiter

Manche Erlebnisse treffen zu tief, um sie in einem Blog zu besprechen. Unserer Gemeinde steht eine Trauerfeier bevor, die uns bestürzt. Eine liebe Schwester ist viel zu früh und sinnlos gestorben. Die Umstände ihres Todes sind so grausam, dass die Hamburger Printmedien ausgiebig darüber berichten - reißerisch die "Morgenpost" und ziemlich seriös recherchiert das Hamburger Abendblatt. Ich bin durch den Wind - und will darüber nichts weiter sagen. Ich erlebe gerade, dass mein Alltag trotzdem seinen Gang nimmt. Kann mich außerhalb dieser Tragödie sogar freuen. So wie heute Morgen zwischen 7.30 und 8.00. Da habe ich mit ZWEI Behörden telefoniert - und hatte beide Male ein positives Erlebnis. So was ist echt ungewöhnlich in unserem Land! Gestern Abend haben der Gatte und ich festgestellt, dass wir für unseren Urlaubsmietwagen internationale Führerscheine vorlegen müssen. Recherche im Internet ergab: Ich bekomme den in zehn Minuten. Ich habe nämlich einen Kartenführerschein. Wenn ich auch sonst technisch völlig altmodisch bin - kein IPod, kein IPad (hat der Gatte alles) - nun habe ich die Nase mal echt vorn! Mein Mann trägt tatsächlich immer noch den alten, grauen Lappen spazieren! Das ist zwar nostalgisch und niedlich - aber damit bekommt man keinen internationalen Führerschein. Ich also heute um 7.30 bei der Führerscheinstelle Pinneberg angerufen. Da saß eine sehr freundliche, aufgeschlossene Dame am Hörer. "Ihr Mann hat den Führerschein nicht im Kreis Pinneberg gemacht?", fragte sie. Natürlich nicht! Wir sind geborene Iserlohner! "Märkischer Kreis also", sagte sie. "Dann brauchen wir zur Bearbeitung eine Karteikartenabschrift aus Iserlohn. Moment - ich suche Ihnen die Telefonnummer dort raus." Das tat sie. "Und hier ist unsere Faxanschrift. Vielleicht geht alles schnell und diese Abschrift wird sofort gefaxt.Dann kann ihr Mann Montagmorgen vorbei kommen und wir kriegen seinen Kartenführerschein noch rechtzeitig." Um 8.00 war ich dann mit dem zuständigen Amt in Iserlohn verbunden. Die nette Dame dort konnte meinen Mann erst nicht finden, weil sie ihn im Geburtsjahr 1969 suchte. "Ja das wär' ja was, so einen jungen Mann zu haben", gestattete ich mir einen Moment lang das Träumen. "Aber sie finden ihn unter 1959". Hat sie dann auch gemacht und mir versprochen, dass das Fax in den nächsten zehn Minuten in Pinneberg vorliegt. Dieses Versprechen hat sie gehalten. Nun kann mein Gatte Montagmorgen ganz früh nach Pinneberg verreisen und alles wird gut. Ja genauso ist es. Wenn man nicht ganz persönlich, im engsten Kreis der Lieben, vom Tod getroffen wird, dann geht das eigene Leben ganz normal weiter. Ist das eine Stärke oder eine Schwäche?

Montag, 13. August 2012

Große geistliche Ideen und ernüchternde Praxis

Ich bin ja - so rein theoretisch - fest überzeugt, dass Menschen Pläne machen dürfen. Und dass sie - sofern sie bekennen Christen zu sein - diese Pläne jederzeit von Gott umschmeißen lassen können sollten. Soviel zur heeren Idee. In der Praxis stellte sich heute diese Herausforderung: Meine Predigt für den 2. September in meiner Gemeinde war in trockenen Tüchern. Dazu muss man wissen, dass ich zu einem Gemeindebund gehöre, in dem predigende Frauen nicht die Regel sind. In 2011 habe ich in meiner Ortsgemeinde - die kein Problem mit Laienpredigern hat - einmal predigen können. Für 2012 hat sich diese Zahl verdoppelt! Predigt Nummer Zwei für dieses Jahr steht also am 2. September an. Und da ich ja nicht wie ein Profi fast jeden Sonntag vor dieser Herausforderung stehe, hatte ich lange genug Zeit, um eine (in meinen Augen) prima Predigt auszuarbeiten. Also, ich dachte, ich hätte da was, mit dem ich bei der Gemeinde punkten könnte - eine überraschende Geschichte aus dem Alten Testament. Heute habe ich zugestimmt, dass wir genau an dem Sonntag einen ausgefallenen Abendmahlgottesdienst nachholen. Ich bin der Meinung, zum Abendmahl sollte auch die Predigt schon hinführen. Zu dieser Meinung passte meine geplante Predigt so gar nicht. Was nun? Etwas in mir - ich hoffe sehr, das war Gott - hat mich den ganzen Tag an eine von mir ungeliebte Geschichte aus dem Neuen Testament erinnert. Ich musste mich einfach damit auseinandersetzen. Nun ist die neue Predigt konzipiert. Ich bin längst nicht so glücklich damit wie mit der ersten. Und sehr gespannt, ob Gott damit was anfängt. An sich sollte er das tun. Wo er doch schon alle Pläne umgeschmissen hat. Bin sehr gespannt, ob Worte, die ich als erzwungene zweite Wahl empfinde, tatsächlich Menschen zum Segen werden können. Leicht ist es jedenfalls nicht, etwas, das man selbst für gut befindet, einfach los zulassen. Ich werde dann berichten, wie ich die "ernüchternde Praxis" erlebt habe.

Montag, 6. August 2012

Total verliebt in MeckPomm

Gerade sind der Gatte und ich von fünf Tagen ausspannen in einer völlig anderen Welt zurück. Sie beginnt gut zwei Stunden von Hamburg entfernt.
Das Wetter war so, dass wir meistens mit offenem Verdeck "cruisen" konnten. Wir promenierten im hübschen, quirligen Waren an der Müritz. Wir besuchten Deutschlands größte Feldscheune in Bollewick bei Röbel. Die kennen alle Frauenfrühstücksreferentinnen, die jemals, so wie ich, das Glück hatten, in Röbel beim FFF zu Gast zu sein. In den besonderen Handwerkerläden dort kann man individuelle Herrlichkeiten shoppen, die es sonst nirgendwo gibt.
Wir spazierten am beschaulichen Krakower See und auf einer Seeterrasse dort snackte ich zum ersten Mal Würzfleisch. Oberlecker!
Wir besuchten Gut Gremmelin und Schwerin. Aber am schönsten war es in unserem Übernachtungsort - Malchow am See:
Vier Übernachtungen im romantischen Altstadthotel direkt an der historischen Drehbrücke. Zimmer mit Blick auf den See, Frühstück mit Blick auf den See - kein Büffet, sondern liebevolle Bedienung am Tisch. Mit frisch zubereiteten Spiegel- oder Rühreiern. Obwohl sich der Autoverkehr tagsüber durch die schönste Strasse des Städtchens quält, ist der Ort sehr beschaulich. Was daran liegt, dass fast jedes Haus, dank der Insellage, ein langes Seegrundstück hat. Zwischen den Häuserzeilen gibt es freie Zugänge mit Bänken und kleinen Bootsanlegern. Unvergessen: Der Sonnenuntergang vom Festlandufer mit dem imponierenden Kloster. Oder die Mecklenburger Kohlroulade zu Schwarzbier im Biergarten (direkt am See, natürlich!) der Pension am See. Oder das Konzert mit Chris Norman auf NDR Sommertour. Der Mann musizierte fast zwei Stunden von 22.00 bis Mitternacht auf dem Malchower Festplatz. Der liegt wunderschön auf einer großen Lichtung im Wald. Der alte Herr hatte eine Superband dabei und sang und rockte vom Feinsten. Natürlich auch die alten Smokey-Hits aus den Siebzigern: If you think you knwo how to love me, Lay back in the arms of someone, Living next door to Alice... Diese Show war ein großer Spaß! Was haben wir für Geld ausgegeben für Night of the Proms in HH! Und wie peinlich war da so mancher gealterter Popstar in seiner Kurzatmigkeit. Chris Norman am Samstag war kostenlos. Aber DIESER alte Knabe hat es echt noch drauf! Die Tage in MeckPomm waren wie Wochen Urlaub irgendwo ganz weit weg. Wir haben viel erlebt und trotzdem die Seele baumeln lassen. Wenn es nach uns geht, machen wir das bald mal wieder!

Montag, 23. Juli 2012

Zwiespalt

Morgen wird Lydie uns nach mehr als drei Monaten verlassen: Sie zieht dann zu der Familie, die sie ursprünglich eingeladen hat und für die wir nur eingesprungen sind.
Sie zieht mit der Gewissheit, dass die Gebühren für ihren DSH-Vorbereitungskurs in Fulda bezahlt sind - und die 100 Euro für ihre DSH-Prüfung, die sie unbedingt für einen Studienplatz in Deutschland braucht, auch.
Sie zieht mit einem bezahlten Bahnticket Hamburg - Fulda - Hamburg in der Tasche. Einem Ticket, das sie sich nie hätte leisten können, weil das Stipendiumsgeld aus Kamerun erst im Oktober fließen wird - wenn der Studienplatz sicher ist.
Wir vertrauen darauf, dass Gott alles für sie vorbereitet hat. Warum sonst ist sie ohne die Kohle, die sie braucht, "zufällig" bei uns gelandet? Keine Ahnung, was die Eltern sich dachten, als sie Lydie mit 700 Euro auf die Reise schickten. 500 Euro brauchte sie für den ersten Sprachkurs, der sie für die DSH-Vorbereitung legitimierte. Der Rest ging für monatliche Beiträge für Krankenversicherung drauf, die unser Staat fordert, wenn Ausländer in Deutschland studieren wollen. Und natürlich für die Gebühren, die anfallen, wenn Ausländer ihre Visa verlängern lassen wollen.
Damit Lydie ihr Studium wie geplant im Oktober aufnehmen kann, muss sie den bestandenen DSH-Test vorweisen. Rechtzeitig für ihre Pläne gibt es nur einen am 31. August in Fulda - und auch einen Vorbereitungskurs dort für 140 Euro ab Mitte August.
Wie dankbar bin ich Gott für Zugang ins inoffizielle FeG-Netzwerk! Nachdem ich den Pastor der FeG Fulda um Hilfe gebeten hatte, fand sich sofort eine Familie in seiner Gemeinde, die bereit ist, Lydie für drei Wochen in Fulda aufzunehmen. Halleluja!
Immer noch muss Lydie viel Eigenleistung bringen, um tatsächlich ab Herbst in Deutschland zu studieren.
Aber Gott ebnet ihr offensichtlich Wege.
Wege, die ihre Eltern ihr nicht ebnen konnten. Die schickten sie nach Deutschland ohne das nötige Geld, das sie braucht.
Der Zwiespalt, der sich in Geldfragen fast immer auftut: Ist es richtig, dass wir für Lydie einspringen? Oder rechnen Leute aus der dritten Welt einfach mit der Großzügigkeit in reichen Nationen?
Die Vorstellung, Teil eines Kalküls zu sein, gefällt mir natürlich überhaupt nicht. Macht mich sauer.
Andererseits: Wir haben zur Zeit die Möglichkeit, Ärmeren finanziell auszuhelfen. Ist es dann nicht egal, falls Jemand das ausnutzen will? Sollten wir nicht einfach dankbar dafür sein, dass wir nicht betteln müssen? Und was ist mit dieser Ansage Jesus, dass wir auch die andere Wange hin halten sollten? Könnte das auch bedeuten: Gib ab, selbst wenn dich Jemand ausnutzen will?
Für Tipps bin ich - wie immer - sehr dankbar!

Samstag, 14. Juli 2012

Ich mag meinen "Freiberuf"...

...oder wie immer man das nennen soll, wenn Jemand ab und an irgendwo für Vorträge eingeladen wird.
So wie gestern hier:
http://www.christen-im-beruf.de/chapter/bremervoerde.html

Das war echt ein cooler Tag! Vormittags gegen 11.00 bin ich noch locker durch den Elbtunnel gerauscht. Eine halbe Stunde später war ab Quickborn schon wieder 14 Km Stau.
Dann bin ich gemütlich durchs Alte Land gezockelt, habe bei einem Bauern zwei Kilo Kirschen erworben und mir dann zwei Stunden Stade angeguckt.
Danach gab es bei dem Arztehepaar, das mich eingeladen hatte, lecker Kuchen und Kaffee, ich konnte eine Stunde "ruhen", mich umziehen - und dann gab es diesen netten Abend in der gemütlichen Location am See.

Bei "Christen im Beruf" sind viele unserer charismatischen Geschwister in der Mitarbeit tätig. Und ich bin angenehm überrascht, dass auch sie meine eher nüchterne, manchmal selbstironische Art des Vortrags schätzen. Das ist mir nicht zum ersten Mal aufgefallen, ich war auch schon in Pfingstgemeinden zum Frauenfrühstück. Es ist ein schöner Gedanke, dass ich vielleicht mit dazu beitragen kann, dass charismatische und traditionelle Freikirchen - und auch Kirchen, natürlich - mehr zusammen wachsen und an einem Strang ziehen.
Gestern war das wieder ganz großartig zu erleben: Ich komme dahin, kenne keine Socke, bin noch nicht mal in meinem vertrauten Gemeinde-Form-Umfeld - aber ich bin dort gleich mittendrin und überhaupt nicht fremd, weil wir alle zu Gottes Familie gehören. Das ist was Besonderes, sich gleich zu verstehen und zu kennen, obwohl man sich eigentlich gar nicht kennt...
Ist echt schön so ein Reisedienst im Auftrag Gottes!

Sonntag, 8. Juli 2012

Oude Kerk, Rembrandthuis, Hofjes, Frittjes...

...und platte Fussjes. Wir waren am Wochenende zum ersten Mal in Amsterdam. Da sie von Biedenkopf und Quickborn ungefähr gleich weit entfernt ist, war die Stadt ein guter Ort, um liebe Freunde aus Hessen zu treffen. Die waren auch noch nie dagewesen und bei herrlichstem Sommerwetter haben wir die Innenstadt gemeinsam erkundet.
Das Wetter war zu schön für Museumsbesuche. Und Rembrandtoriginale hatten der Gatte und ich schon mal in St. Petersburg bewundern dürfen. Also haben wir das ganze Wochenende outdoor verbracht. Das hat viel Spaß gemacht, weil Amsterdam so eine quirlige, volle Multi-Kulti-Stadt ist. Man kann stundenlang irgendwo sitzen, essen und trinken und Leute gucken.
Ein Ärgernis sind die vielen rücksichtslosen Fahrradfahrer. Man muss echt aufpassen, dass man nicht unter deren Räder kommt. Und auf manchen Straßen hat man ständig eine nervig bimmelnde Straßenbahn plötzlich im Nacken. Dafür sind die Wege entlang der meisten Grachten recht geruhsam und auf jeden Fall was fürs Auge.
So schön das ja ist nach Norderney zu kommen, wo ich immer gleich zu Hause bin und fast jeden Stein kenne - es immer wieder anregend, Neuland für sich selbst zu entdecken und zu erschließen. In Amsterdam würde ich mit diesen Entdeckungen gerne irgendwann mal weiter machen.

Dienstag, 26. Juni 2012

Alltag trotz Sekt-Laune

Also - das ist mir jetzt mal ganz wichtig, festzuhalten: Trotz dieses dicken Bonbons von Gott heute läuft mein Alltag ganz normal weiter.
Gestern habe ich gleich den Einkauf für meine Mama zu ihr gekarrt - und dann saßen wir auch schon wieder beim Dog, um ihre Transplantationswunden begutachten zu lassen. Alles im grünen Bereich - halleluja!
Lydie ist seit Sonntag auch wieder unser Kind. Sie ist sehr fleißig in ihrem Deutschkurs und beklebt jede freie Wand in ihrem Zimmer und im Bad mit Spickzetteln:"Ich freue mich auf... - Dativ. Ich kenne ... - Akkusativ"  - und so weiter. Alles "Kümmern" um meine "Kinder" läuft natürlich genauso wie vor meiner kreativen Auszeit.
Warum ich das erzähle? Ich erlebe Gott so, dass er manchmal mitten im Alltag seine Bonbons verschenkt. Er ist nicht der Bonbon-Mann, der jederzeit verfügbar ist. Das hat er ja auch nie versprochen. Niemals in diesem Leben ist alles dauerhaft gut - oder wenigstens "easy". Das Buch der Prediger in der Bibel ist nicht besonders spaßig. Aber es ist realitätsnah. Freue dich an dem Guten - und nimm den Alltag als normal. Und freu dich dran, wenn er nicht schlimmer als langweilig ist.
Langweiliger Alltag - für viele Menschen auf unserem Planeten wäre das Glück. Und wir stöhnen oft, nur weil der "Kick" fehlt!
Ich wünsche mir, dass Gott mich lehrt, für den ganz normalen Alltag dankbar zu sein. Denn "Normalität" ist das dickste Bonbon überhaupt. Entrechtete Menschen auf der ganzen Welt würden sonstwas dafür geben.
Lasst uns mehr für sie beten - und nicht vorwiegend um unsere kleine, komfortable Welt kreisen!



Ein Gläschen Sekt am hellen Mittag!

Das kommt nun auch nicht alle Tage vor. Aber ich habe was zu feiern!
Meine Auszeit auf Norderney war nicht nur herzerfrischend erholsam - sie war auch recht produktiv. Ich hatte meinen Laptop als Schreibmaschine dabei. (Internet gibt es ja in der Wohnung aus den 70er Jahren nicht.)
Ein netter Lektor aus einem unserer zahlreichen christlichen Verlage hatte mir zugetraut, einen kleinen Roman zu schreiben - also so 128 bis 140 Seiten. Er meinte, ich könne einen humorigen Blick auf das ganz normale Gemeindeleben werfen. Da habe ich mich dran gewagt - und gerade erfahren, dass dem Mann meine Geschichte und meine Figuren gut gefallen. Er schrieb, es wäre ihm beim Lesen nie langweilig gewesen. :-)
Falls er am Donnerstag die Verlagsleitung von meinem Werk überzeugen kann, bekomme ich bald einen Vertrag - und das Buch wird im Frühjahr 2013 erscheinen. Solche Nachrichten legitimieren ein Gläschen Sekt  am Dienstagmittag, oder?
Und selbst, wenn die Geschäftsleitung gegen mein Projekt sein sollte - es ist trotzdem eine schöne Bestätigung, dass ein Fachmann meine Schreibe für gut befunden hat. Es ist für Autoren nämlich gar nicht leicht, die eigenen "Babies" einer fachlichen Kritik auszusetzen. Die Angst, völlig verrissen zu werden, ist groß, wenn man mit viel Herz seine Geschichten getextet hat. Jetzt gerade fühle ich mich wunderbar! Vielleicht sollte ich mit noch einem Gläschen darauf anstoßen...

Donnerstag, 7. Juni 2012

Bluthochdruck-Woche!

Wenn der Blutdruck durch positiven Stress steigt, ist das sehr belebend! So wie letzten Freitag bei der Premiere unseres Musicals "Weiße Westen". Der Gemeindesaal war voll - und das Publikum war von Anfang an mit großen Emotionen dabei. Gelächter und Zwischenapplaus haben bewirkt, dass die vielen Rampensäue auf der Bühne zur Hochform aufgelaufen sind. Großes Kino! Als Nachwirkung gibt es jetzt u.a. die Anfrage, ob wir vielleicht zur Hamburger Glaubenskonferenz 2013 spielen können...
Für mich gab es in dieser Woche auch negativen Bluthochdruck. Weil meine Mama nach vier Wochen am 2. Juni endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hatte ich meine Feier zum 30. Jahrestages unseres Abiturs abgesagt. Schließlich war es dran, ihr zu helfen und für sie ansprechbar zu sein. So was geht nicht, wenn man 400 Km weiter südlich Party macht. Die Entscheidung für Mamas Wohl lag auf der Hand - enttäuscht war ich trotzdem.
Gestern dann waren wir beim Hausarzt zum Fädenziehen. Der war mit dem Anblick der sehr großen Transplantationswunde am Fuß echt überfordert. Er schob etwas Panik, weshalb ich für heute Nachmittag einen Nachsorgetermin beim operierenden Chefarzt in der Klinik vereinbart habe. Ich hatte echt Angst, die ganze Mühe wäre umsonst gewesen und meine Mama müsste wieder ins Krankenhaus.
Und dann die erlösende Nachricht vom Chef: Alles ok! Die nächsten gut zwei Wochen ist der tägliche ambulante Pflegedienst zum Verbandwechsel alles, was nötig ist zur Heilung.
Halleluja! Ich kann Samstag wie geplant für 14 Tage ganz alleine auf meine Lieblingsinsel verreisen! Mama ist im Servicewohnen gut betreut und der Pflegedienst  kümmert sich auch.
Unser Gastkind ist für diese Zeit auch gut untergebracht - bei der Familie, die Lydie eigentlich aufnehmen wollte, aber dann doch nach Alternativen suchte. Für eine kurze Übergangszeit ist aber alles kein Problem.

Ich bin sehr begeistert, dass Gott alle lang vorbereiteten Pläne jetzt tatsächlich gelingen lässt. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich! Eigentlich kann es ihm echt egal sein, ob ich Luxusweib zu meiner vermeintlich nötigen Auszeit komme. Dass er trotzdem alles so gut geführt hat, ist ein echtes Geschenk. Treibt meinen Blutdruck nun wieder freudig in die Höhe.
Und bis zum 25. Juni bin ich nun fröhlich offline.

Donnerstag, 31. Mai 2012

Weiße Westen

Vor genau einem Jahr habe ich gepostet, dass es fertig ist: Das "Libretto" für unser Gemeindemusical. Das ist eine komplette Eigenproduktion der FeG Norderstedt. Zu meinem "Drehbuch" wurden klasse Lieder getextet und super komponiert und arrangiert - von lauter begabten Laien, die so was können.
Was auf dem Papier schon ein großes Gemeinschaftsprojekt war, ist nun ein Riesending mit vielen, vielen Mitwirkenden geworden. 12 Schauspieler, 1 Sprecher, mehr als zehn Chorsängerinnen, eine komplette Band werden morgen zur Premiere singen und spielen.
Dazu gibt es ein umwerfendes Bühnenbild und ca 20 selbstgemachte "Weiße Westen".
Gleich ist Generalprobe. Nach einem Jahr sind wir fast am Ziel eines langen Weges angekommen. Es ist immer wieder ein Erlebnis zu sehen, wie sich lange, oft mühevolle Proben am Ende lohnen. Lange übten die Musiker und Sänger für sich alleine, die Schauspieler probten an einzelnen Abenden immer nur einzelne Szenen.
Seit drei Proben erleben wir nun wie sich die ganzen Puzzleteile zu einem großen Bild zusammenfügen. Es macht unglaublich viel Freude zu sehen wie die Vision des Stückes, die ganz am Anfang stand, nun zur Wirklichkeit wird. Alle Darsteller sind in ihren Rollen angekommen und sind auf der Bühne der Tollpatsch, die Zicke oder der Rebell.
Ich bin sehr gespannt, ob die Zuschauer morgen das Stück auf Anhieb verstehen - oder ob das schwierig ist, wenn man es nur einmal ohne jede Vorkenntnisse sieht.
Wir als "Ensemble" leben ja schon in unserem Fantasiedorf "Knuffingen". Mal gucken, ob wir das Publikum mit hinein nehmen können!

Dienstag, 22. Mai 2012

Kulturschocks hin und her

"Du würdest verrückte in Kamerun", sagte Lydie heute mit ihrem strahlenden Lächeln zu mir. Wir hatten uns ausgesprochen, nachdem wir gestern ein bisschen schlechte Stimmung zwischen uns hatten. So was bleibt ja nicht aus, wenn man zusammen wohnt - auch nicht, wenn man sich mag. Immerhin ist Lydie nun schon fast sechs Wochen bei uns.
Bei aller Liebe stoßen wir immer mal wieder an unsere Grenzen beim Thema "Zeit". Neulich erst war die klare Samstagsansage: "Wir starten morgen um 9.30 in die Gemeinde". Wir hatten alle gemütlich um 8.30 in Haus- und Schlafanzügen gefrühstückt. Der Gatte und ich hatten natürlich vorher geduscht. Als wir um 9.30 gestiefelt und gespornt in unserer Diele standen, kam Lydie mit Duschhaube und umgewickelten Badetuch aus ihrem Zimmer. Wir haben dann gesagt, falls sie mit uns mit will, muss sie auf das Duschen verzichten und überhaupt jetzt mal Gas geben...
Seit über einer Woche macht Lydie ein Praktikum im Diakoniecafe "why not?" im Schanzenviertel. Da muss sie um 9.03 die AKN nehmen. Ist ein Fussweg von gemütlich fünf Minuten. Bloß, wenn sie um 9.00 immer noch ihre Cornflakes mümmelt, denke ich: Dat wird knapp!
In der ersten Woche also rannte Lydie immer - angetrieben von mir - auf den allerletzten Drücker zur Bahn. Gestern nun hatte sie beschlossen, es besonders gut zu machen. Und lärmte so früh durchs Haus, dass ich 45 Minuten vor meiner geplanten Aufstehzeit laut schimpfend fast aus dem Bett gefallen wäre.
In ruhigen Minuten bin ich in mich gegangen. Unser deutsches Tempo ist für Lydie nun mal völlig fremd - und "Pünktlichkeit" auch. Ist ja auch fragwürdig, ob geplante Hektik was Kluges und Gesundes ist. Nur - wenn sie hier fünf Jahre überleben will, muss sie sich daran gewöhnen. Und ich muss mich daran gewöhnen, Geduld zu haben mit Jemand, der unseren Takt erstmal auf die Reihe kriegen muss. Auf jeden Fall werde ich nicht dümmer durch unser Gastkind - und auch nicht unsensibler. So Kulturschocks fördern durchaus soziale Intelligenz!  

Freitag, 18. Mai 2012

Wer wird denn gleich in die Luft gehen?

ICH! Heute ist einer der Tage für das HB-Männchen in mir. (An diese Strichfigur aus der Fernsehwerbung des vergangenen Jahrhunderts erinnern sich vielleicht noch andere Fossilien außer mir.)
Die Leidensgeschichte meiner Mutter ist ja noch lange nicht zu Ende. Am 7. Mai kam sie wieder ins Krankenhaus. Die Woche vorher hatte man festgestellt, dass die OP-Wunde nicht zuheilt. Sie hatte einen offenen Fuß, man konnte die Platte sehen, die ihren Knochen zusammenhalten sollte. Für heute stand wieder eine Mini-OP an, die etwas mit der Wundheilung zu tun hat. Sie hatten meine Mutter nüchtern gelassen und ihr sogar die OP-Haube schon aufgesetzt als es hieß: April, April! Wir operieren sie erst am Montag!
Das alles ohne ein Wort der Erklärung. Ich habe nur frühzeitig davon erfahren, weil ich meine Mama per Telefon für die OP gute Nerven wünschen wollte. Tatsächlich liegen ihre Nerven nun am Boden.

Ich weiß, dass es nichts nützt. Aber ich habe am Telefon einen Zwergenaufstand gemacht, so lange genervt, bis ich eine Oberarzt am Ohr hatte. Der hat mir den Sinneswandel des OP-Teams erklärt. Am Montag soll bei meiner Mutter eine Hauttransplantation vorgenommen werden.  Dann will man den Eingriff von heute gleich mitmachen, um ihr eine Narkose zu ersparen. Das macht ja Sinn. Aber abgesehen davon, dass man das auch gestern schon hätte beschließen können: Warum kann man ihr das nicht höflich und freundlich erklären, statt ihr die OP-Haube quasi vom Kopf zu reißen und sie völlig konfus zurück zu lassen?
Ich bin überrascht, wieviel Wut in mir drin sein kann!

An meiner zweiten Front wird die übrigens auch noch angeheizt. Seit Mitte April telefoniere und maile ich mit den Ausländerbehörden in Gosslar und Elmshorn. Es geht nur darum, die Akte von Lydie von A nach B zu schicken, damit wir endlich in Elmshorn im Amt erscheinen können und Lydies Aufenthaltstitel bekommen. Dauernd werde ich vertröstet oder Jemand ist nicht zuständig. Für Lydie ist dieser Titel aber enorm wichtig, weil sie ohne nicht jobben darf.
Ich hoffe, ich kriege nicht noch mehr "Kriegschauplätze". Sonst werde ich irgendwann noch zum "Hulk". :-)  

Freitag, 11. Mai 2012

Die neue JOYCE ist da!


Und deshalb kann ich meinen sehr persönlichen Artikel zum Thema "Dienen" nun auch hier veröffentlichen. Achtung! Ist mehr Text als normal hier, weil: Genau eine Zeitschriftenseite. Also bloß was für Leser mit Geduld. :-)

Die Gabe des Dienens ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. Von Natur aus bin ich ein bequemer Genussmensch. Der blieb ich lange, obwohl ich schon als Kind an Gott glaubte, die Bibel für wahr hielt und froh war, dass ich - dank Jesus – einmal im Himmel sein würde.
Alle diese Erkenntnisse haben mich nicht daran gehindert, auf dieser Erde vor allem möglichst viel Spaß haben zu wollen.
Ich war Mitte zwanzig, verheiratet und junge Mutter, als ich erkannt habe, dass christlicher Glaube mehr ist als das Fürwahrhalten biblischer Lehren. Eine persönliche Beziehung zu Jesus entwickelte sich und ich beschäftigte mich intensiv mit dem Thema „Nachfolge“.
Mir wurde klar: Für mich ist zuerst mal das „Dienen“ dran. Ich wollte unbedingt anfangen, gehorsam zu sein. Daran ist auch nichts Schlechtes – es besteht nur die Gefahr, dabei auf Belohnung zu schielen und vor Gott und den Menschen als Musterschüler dastehen zu wollen.
Dieser Gefahr war ich leider erlegen. Bis sich der Wunsch entwickelte, Jesus wirklich nachzufolgen, hatte ich mir meine engen Bekanntschaften danach ausgesucht, was sie mir brachten, ob ich sie interessant fand und ob ich Spaß mit ihnen hatte. Dann fand ich, dass sich da was ändern muss und vergaß, die Zeit abzuwarten, bis Gott mich verändert hatte.
Ich wollte eine Art „Robin Hood“ werden für Leute, die am Rande stehen und (obwohl ich das damals nie eingestanden hätte) mich gut dabei fühlen.
Es gab diese ältere Singlefrau in meiner damaligen Gemeinde. Sie hatte einen Sack voller körperlicher und psychischer Probleme zu tragen. Ich beschloss, ihr zu dienen, indem ich mich um sie kümmerte.
Im Rückblick sehe ich: Es war gut, Zeit mit ihr zu verbringen und ein ehrlich offenes Ohr für sie zu haben. Wir haben auch viel Spaß miteinander gehabt. Gar nicht gut war, dass ich es besonders richtig machen wollte und deshalb meine Grenzen nicht abgesteckt habe. Meine liebe Schwester hatte ein großes Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Oft versank ich in ihren fast erstickenden Umarmungen. Nun bin ich nicht der Umarmungstyp. Das hätte ich von Anfang an klar stellen sollen. Aber wenn man sich in Dienste stürzt ohne einen klaren Auftrag von Gott, dann geht das eben stellenweise daneben. Irgendwann habe ich ihr dann doch gesagt, was ich in unserer Beziehung nicht möchte. Und natürlich habe ich sie damit verletzt, weil das Grenze-Ziehen viel zu spät kam.
Seit damals sind gut 25 Jahre vergangen. Dienen ist- neben Studieren und Feiern – immer noch mein Hauptthema in der Nachfolge. Aber die Motivation hat sich geändert. Die ist nicht mehr, sich besondere „Sternchen“ bei Gott verdienen zu wollen. Heute setze ich mich aus Dankbarkeit ein. Ich bin 49 Jahre alt, seit mehr als 27 Jahren mit einem netten Mann verheiratet, wir haben drei erwachsene Kinder, die uns mögen. Ich muss nicht arbeiten, um unseren Lebensunterhalt mit zu finanzieren, bin gesund und verdiene freiberuflich mein Taschengeld für Klamotten und Schuhe. Wenn ich nicht gerne die Zeit investiere, um für andere da zu sein, wer wohl dann?
Verändert hat sich, dass ich die Dienste nicht krampfhaft selbst aussuche. Ich erlebe Gott als einen gnädigen Chef. Meine regelmäßigen Dienste in meiner Gemeinde sind so vielfältig, dass keine Langeweile aufkommt. Besuchsdienst, Theaterarbeit, alle sechs Wochen Gemeindeklos putzen und ab und an Gottesdienstleitung – wer hat schon so einen abwechselungsreichen Arbeitsplatz?
Meine größte Stärke ist – trotz meines übereifrigen Patzers vor 25 Jahren – das Dienen an einzelnen Menschen. Die wähle ich aber nicht mehr eigenmächtig aus. Sie werden mir in den Weg gestellt, manchmal für nur ein Gespräch und manchmal für Jahre.
Ich erlebe, wie Gott mich in diesen „Dienstbeziehungen“ beschenkt. Aus Menschen, für die ich da bin, werden oft Freunde, die für mich da sind. Das ist nicht selbstverständlich. Diese Entwicklung kann nur geschehen, wenn ich innerlich nicht überheblich bin. Tatsächlich gibt es ja eine Art „dienende Hochmut“. Die sieht ungefähr so aus: Diese Person braucht mich. Sie kriegt ohne mich nichts auf die Reihe! Sie ist die Schwache, ich bin die Starke, sie ist die Kleine, ich bin die Große. Mit so einer Haltung werden die „Bedienten“ ein Mittel zum Zweck der eigenen Wichtigkeit. Abhängigkeiten können entstehen, die ein ganzes Leben nicht enden.
Hier möchte ich immer mehr von Jesus lernen. Er dient uns Menschen, weil er uns liebt. Er möchte Schwache stärken, Kleine groß machen und überhaupt helfen, dass die Menschen reifer und freier werden.   
Heute finde ich es wunderbar, wenn ich Menschen helfen darf, auf die eigenen Füße zu kommen. Dann können aus „Schülern“ Freunde werden, von denen ich  eine Menge lernen kann.

Dank meiner Natur als Genussmensch und meiner ersten schlechten Erfahrung des Übereifers muss ich beim Dienen nicht aufpassen, dass ich nicht ausgenutzt werde. Ich muss eher aufpassen, dass ich nicht nur das gebe, was mir genehm erscheint. Denn das ist nicht der Sinn des Dienens. Der Sinn ist, freiwillig für Andere etwas aufzugeben oder Nachteile in Kauf zu nehmen. An der richtigen Balance aus den richtigen Motiven muss ich immer noch arbeiten. Geistliche Übungen bedeuten eben: Üben.       

Mittwoch, 2. Mai 2012

Feiertag im schönsten Bundesland der Welt

Gestern haben der Gatte und ich einen wunderbaren Ausflug in die Elbmarsch gemacht. Nur 20 Autominuten von uns entfernt beginnt eine herrliche Flußlandschaft: Deiche, Reetdachhäuser, Kanäle, Schafe - und wunderbare Ruhe zum Seelebaumelnlassen. Nach einem ausgiebigen Spaziergang ohne Massen von Feiertagstouristen - wie man sie bei solchen Gelegenheiten z.B. im ebenfalls wunderschönen Blankenese trifft - hatten wir eine leckere Brotzeit in einem Hofcafe, irgendwo in einem der verschwiegenen Marschdörfer. Dort standen ein paar Holzstühle und -tische im Bauerngarten und wir ließen es uns gut gehen. Wie nett ist das, in einer Gegend zu leben, wo andere Leute Geheimtipp-Urlaub machen!
Besonders schön ist unsere derzeitige Möglichkeit zur Anreise. Der Gatte fährt einen Firmenwagen, der alle drei Jahre gewechselt wird. Anfang des Jahres war es so weit - und ein Cabrio liegt auch im Budjet. Da ich Ende des Jahres 50 werde, dachten wir so: Wenn nicht jetzt - wann dann? Für die nächsten drei Jahre sind wir also bei jeder sich bietenden Gelegenheit Freiluft-Fahrer. Und im Mai, wenn die Rapsfelder beginnen zu blühen, ist das echt der Kracher!
Nur unser Gastkind gruselt es derzeit noch bei der Vorstellung, ohne Dach Auto zu fahren. Während wir stolz sind über 20 Grad Anfang Mai, sitzt sie bei solchen Temperaturen am Liebsten im Haus. 20 Grad ist nämlich recht kalt für Jemand, der in der Regel 40 Grad gewöhnt ist. Wir sitzen ohne Socken auf der Terrasse - und Lydie kuschelt sich mit einer Decke aufs Sofa. Hoffentlich kommt sie gut durch ihren ersten Winter!
An den denken wir natürlich grad gar nicht - und wünschen uns noch viele Wochen Cabrio-Wetter!  

Dienstag, 24. April 2012

Der kleine Prinz

Dort heißt es irgendwo sinngemäß: Du bist ein Leben lang verantwortlich für die, die du dir vertraut gemacht hast.
Für Lydie werden wir nicht ein Leben lang verantwortlich sein - aber doch wohl für die nächsten Jahre. Auch wenn sie irgendwann selbstständig wohnt, braucht sie ja doch eine Familie, in der sie Weihnachten und so feiern kann. Das ist uns bewusst - und weil wir schon nach zehn Tagen so vertraut miteinander sind, ist das auch gar kein Problem.
Ein Problem ist für mich eher, dass ich Lydie in ihrer charmant-fröhlichen Art nicht einfach nur genießen kann. Meine Aufgabe ist es, sie auch ein bisschen zu erziehen und auf das Leben in Deutschland vorzubereiten.
Das fällt mir nicht leicht. Am Liebsten würde ich einfach nur ihre Freundin sein. Ihre Begeisterung ist zu schön, wenn ich einen zweiten Schlafanzug mit ihr shoppe, weil sie nur einen hat. Oder wenn ich ihr einen von meinen Armbanduhren schenke, weil sie keine hat. Oder wenn ich ihr ein Paar feste, Europa-taugliche Schuhe kaufe.
Aber ich muss sie auch darauf vorbereiten, wie teuer das Leben in Deutschland ist. Deshalb muss ich sie manche Sachen selbst bezahlen lassen, obwohl ich ihr auch die schenken könnte.
Ich muss ihr feste Zeiten angeben, an denen sie ihr Bad putzen muss. (Obwohl es schneller ginge, ich machte das selbst. :-) ) Und ich muss die Balance finden, um ihr einerseits "chillen" zu gönnen - sie liebt es, auf dem "Chefplatz" meines Gatten zu residieren und TV zu gucken - und sie andererseits anzutreiben, mit mir alle Behördengänge zu erledigen, sich zum Deutschkurs anzumelden, zu lernen.
Lydie ist mit einer großen Last auf ihren jungen Schultern hier eingereist. Sie soll der Hoffnungsträger sein, damit es ihrer Familie in Kamerun in Zukunft besser geht. Das ist zu viel für eine knapp Neunzehnjährige. Aber es ist ihre Aufgabe. Ich möchte ihr die versüßen und muss trotzdem darauf achten, dass sie nicht abhängig von uns wird. Den schweren Weg durch das Studium muss sie dann ja ganz alleine schaffen.
"Vertraute" Menschen sind was Wunderbares. Aber weil solche Beziehungen auch Verantwortung bedeuten, sind sie es wert, dass man sie nicht einfach nur genießt, sondern sich viele Gedanken macht.

Dienstag, 17. April 2012

"Du bischt wunda-nett"...

...hat Lydie heute zu mir gesagt. Halleluja! Endlich bringt es mal Jemand mit französischem Akzent auf den Punkt. :-)
Französisch ist nämlich die Hauptsprache in Kamerun. Unser Gastkind kann also perfekt französisch, ganz gut englisch und sehr gut deutsch. Was für Karriere-Aussichten wären das in Europa!
Das wird Afrikanern über deutsche Kultur beigebracht:
Deutsche essen viel zu schnell. Sie lieben Brot und Bier. Sie sind organisiert und reserviert.
Punkt Eins findet Lydie auf jeden Fall in unserer Familie voll bestätigt. :-)
Ich habe aber auch schon was gelernt: Kameruner lieben Gemeinschaft. Sie lachen gerne. Sie bewegen sich wie Schnecken. (Das sagte Lydie und freute sich, dass sie keine ist. Sie liebt genau wie ich Spazierengehen im flotten Marschschritt.)Sie essen gerne Reis mit viel Soße. Was sich gut trifft. Ich liebe Reis mit leckerer Soße!Sonntag gehen wir nach dem Godie zum Chinesen. :-) Der in Quickborn ist auch "wunda-nett" und das Essen wird Lydie mögen.

Sonntag, 15. April 2012

Abenteuer im Alltag

Seit gestern haben wir viel mehr Farbe im Leben! Lydie ist endlich angekommen - unser Gastkind aus Kamerun. Sie wird mindestens bis Pfingsten bei uns bleiben, vielleicht auch bis Juli.
Um Weihnachten rum fragte die Freundin unseres Sohnes: "Wißt ihr vielleicht jemand in eurer Gemeinde, der für eine Weile eine junge Afrikanerin aufnehmen würde?" Sie kannte Lydie aus dem Jahr 2010. Da war sie für 14 Tage zu Gast in ihrem Gymnasium und nahm am Unterricht teil. Lydie hatte damals wegen ihrer sehr guten Deutschkenntnisse einen Wettbewerb in Kamerun gewonnen. Der ermöglichte ihr eine Deutschlandreise mit gesponsertem Programm.
Nun hat Lydie ab Oktober einen Studienplatz in Claustal-Zellerfeld für BWL. Sie braucht jetzt erstmal ein Zuhause, um in Ruhe einen bestimmten Deutschkurs zu machen und einen bestimmten Deutschtest zu bestehen. Irgendwann will sie auf eigenen Füßen stehen, aber bis dahin dauert es noch ein bisschen. Ab morgen werden wir z.B. anfangen herauszufinden, ob sie auch in Hamburg studieren kann.
Als ich sie gestern am Flughafen abgeholt habe, hat es sofort gefunkt. Auf den ersten Blick war klar: Wir mögen uns und sie passt in unsere Familie.
Dafür bin ich sehr dankbar! Das war ja nicht garantiert, als Stefan und ich uns im Dezember sehr spontan entschlossen, dass diese Anfrage uns gilt und wir die Herausforderung annehmen. Das war übrigens ein wunderbares Erlebnis: Wir haben uns nur angeguckt und wussten sofort Beide: Wir machen das! Sich SO spontan ohne Worte einig zu sein, ist zumindest für uns was Besonderes! :-)

Jetzt bin ich sehr gespannt auf die nächsten Wochen. Und ich bewundere Lydie für ihren Mut. Sie ist 18 Jahre alt und hat sich Freitagabend für mindestens fünf Jahre komplett von ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Heimat verabschiedet. Ohne die Familie zu kennen, die ihre deutsche Freundin für sie gefunden hat. DAS ist natürlich wirklich Abenteuersinn und Wagemut!

Donnerstag, 12. April 2012

Winnetou war Christ

Diese Meldung finde ich überraschend - aber sie stimmt. Ich mag natürlich die Winnetou-Filme von früher (vor allem den jungen Pierre Brice in der Titelrolle). Ich finde Karl-May-Festspiele grandios. Gelesen habe ich die Werke des gebürtigen Sachsen aber nie.
Nun hat der Brendow-Verlag ganz frisch eine Biografie auf den Markt gebracht: "Karl May - Der Winnetou-Autor und der christliche Glaube".
Dort stieß ich auf folgendes Zitat des edlen Apachen-Häuptlings aus "Winnetou III":

"Mein Bruder... hat Worte gesprochen, welche nicht sterben können...Winnetou wird nicht vergessen den großen, gütigen Manitou der Weißen, den Sohn des Schöpfers, der am Kreuz gestorben ist...Der Glaube der roten Männer lehrt Hass und Tod; der Glaube der weißen Männer lehrt Liebe und Leben. Winnetou wird nachdenken, was er erwählen soll, den Tod oder das Leben." Und als der Apache am nächsten Tag den tragischen Heldentod stirbt, bekennt er: "Ich glaube an den Heiland. Winnetou ist ein Christ."

Karl May war wohl der erfolgreichste deutsche Autor des 19. Jahrhunderts. Sein Lebensstil war nicht immer der eines vorbildlichen Christen. Manchmal machte er einen auf Hochstapler und landete dafür auch zweimal im Gefängnis. Aber er hat es verstanden, seinen tiefen Glauben - in höchst unterhaltsamen Geschichten verpackt - ansprechend weiter zu geben. Chapeau!

Mittwoch, 4. April 2012

Sind Machtmenschen immer nur böse?

Klar ist: Ich bin kein Machtmensch. Ich frage mich allerdings, ob das nur eine Tugend ist. Oder auch was mit Bequemlichkeit zu tun haben kann?
Klar ist ja auch:EIN Fehler passiert Machtmenschen bestimmt nicht. Der, dass sie irgendjemand überfordern, indem sie ihn zu früh in irgendeine Eigenverantwortung entlassen. Sicher hat das in deren Fällen etwas mit übersteigertem Kontrollwahn zu tun. Aber wenn Jemand diesen Wahn nicht hat, ist er nicht unbedingt gut. Vielleicht ist er einfach bloß faul.
Was war ich, als ich meine Erstgeborene gleich am zweiten Tag im Krankenhaus in den Armen einer Besucherin parkte? Warum war ich so dahinter her, dass alle meine drei Kinder schon in ganz jungen Jahren auch gerne ohne mich für ne Woche bei Oma und Opa waren? Ok - wenn ich heute meine selbstbewussten jungen Erwachsenen so sehe, dann hat ihnen das alles nicht geschadet. Aber kann ich mir dafür nen Orden anheften?
Oder dafür, dass alle meine privaten "Seelsorgefälle" derzeit auf eigenen Füßen stehen und mich als "Guru" nicht mehr brauchen?
Ich hasse es, wenn Menschen auf Dauer von mir abhängig sind. Wahrscheinlich, weil so eine große Verantwortung einen sehr in die Pflicht nimmt und dazu sehr anstrengend ist. Gott zeigt mir gerade, dass ich mich nicht ein Leben lang vor dieser ungeliebten Pflicht drücken kann. Es gibt einen Menschen auf dieser Welt, der von mir abhängig sein wird bis zum Tod. Meine depressive Mama, die ein selbstgewähltes Eremitendasein führt, hat nur mich als verlässlichen sozialen Kontakt.
Ich finde das Scheiße! Allein die Vorstellung wie ätzend das sein muss, sich im Leben nur auf mich verlassen zu können! Auf mich - den bequemen Genussmenschen, der Bonbons und Kür viel mehr lebt und liebt als Pflicht.
Tja - ob ich will oder nicht: Für meine Mama muss ich bis zu ihrem Lebensende "Machtmensch" sein: Bestimmer und Erzieher.
Machtmenschen können nicht immer böse sein, wenn Gott manchmal welche zu so was zwingt, die das gar nicht sein wollen!

Dienstag, 27. März 2012

Wie schreibt man einen offenen Brief?

Das ist eine ehrliche Frage - und ich hoffe,einer meiner wenigen treuen Leser hat einen Tipp für mich. Ich möchte unser Gesundheitsministerium anschreiben. Und einfach mal schildern, was im ganz normalen Alltag mit ganz normal verunfallten alten Menschen so passiert.
Hier schildere ich mal nur in Stichpunkten:
Donnerstag, 8. März: Ich finde meine Mama hilflos mit gebrochenem Fuß in ihrer Wohnung. Der Notarztwagen kam nach einer Stunde (!), die erste OP erfolgte noch am selben Abend. Obwohl meine Mutter eine Zusatzversicherung fürs Krankenhaus hat, kam ich mir in den nächsten 14 Tagen, in denen ich täglich bei meiner Mama auflief, vor wie eine Schmeißfliege: Meine Fragen waren allen lästig. Ok - Ma's Zusatzversicherung sicherten ihr ein Einzelzimmer und Chefarztbehandlung. Leider aber keine freundliche Pflege. Trotz aller Infos meinerseits über ihre psychischen Probleme war sie einfach nur "der Fuß".
Nach einer zweiten OP stand für den 22. März ihre Entlassung an. Das "Entlassungs-Management" der Klinik versprach eine Abholung per Rollstuhl mit einem Taxi für 10.30. Tatsächlich wurde meine Mutter dann liegend in einem Krankentransporter erst um 16.00 in die Kurzzeitpflege gefahren. Auf meine Beschwerde hörte ich die patzige Antwort eines Arztes: "Wir haben es halt nicht eher geschafft. Ist das ein Problem?" Wäre meine Mutter nicht bloß ein "Fuß" gewesen, hätte man meine Angaben berücksichtigt. Ein Arzt, der für seine Patienten ist,hätte gewusst: Für eine psychisch instabile Frau sind alle nicht eingehaltenen Verabredungen ein Problem.
Sie bekommt übrigens für ihren Kurzzeitpflegeaufenthalt keine Pflegestufe. Obwohl das Krankenhaus sie für die nächsten vier Wochen dorthin empfohlen hat. Begründung: Es ist klar, dass sie diese Pflege nicht für mehr als sechs Monate braucht. Und ihr Pflegebedarf ist nicht höher als 45 Minuten am Tag.
Hallo? Solange meine Mutter nicht trainiert wird, kann sie nicht alleine aufs Klo. Da ist sie doch auf Pflege angewiesen!
Die Krankenkasse sagte auf mein Nachhaken, meine Wut sei verständlich. Aber für eine zeitlich knapp bemessene Kurzzeitpflege gäbe es nun mal eine Gesetzeslücke in Deutschland. Auf meine Frage, wie denn nicht so begüterte Menschen sich eine Kurzzeitpflege von 65 Euro pro Tag leisten könnten, kam die Antwort: "Da muss dann eben irgendwie die Familie sehen wie sie das hin kriegt." Ach ja? Und wie machen das Familien, wo alle den ganzen Tag arbeiten müssen?
Ich denke, es ist klar, warum ich irgendwann diesen offenen Brief ans Gesundheitsministerium schreiben muss! Und einen Bericht über die Unzulänglichkeiten in der Kurzzeitpflege hänge ich dann hier wie dort noch an.

Sonntag, 18. März 2012

Wem Gott will rechte Gunst erweisen...

...den schickt er auf die Reeperbahn!
Ok - aus dieser Aussage will ich natürlich keine allgemeingültige Lehre machen. :-)
Aber bei mir war das am Freitag so. Ungefähr 14 Tage bevor ich wusste, was derzeit mit Mama auf mich zukommen würde, haben der Gatte und ich spontan zwei Karten fürs St. Pauli Theater erstanden. Auf dem Plan stand "Tod eines Handlungsreisenden" von Arthur Miller. Und wir hatten Freitag einen total genialen Abend!
Nicht nur, dass wir großartige Schauspieler erlebt haben - allen voran den wunderbaren Burghart Klaußner. Der hatte uns schon in dem ausgezeichneten Film "Das weiße Band" schwer beeindruckt. Die anderen Hauptdarsteller - wie Margarita Broich - waren auch erste Sahne.
Das Stück selbst ist große Klasse! Die Uraufführung war 1949 - und noch immer ist es hochaktuell. Der Zuschauer trifft auf den Vertreter Willy Loman, als der über 60 ist, dazu erschöpft und verschuldet. Obwohl ihm dann auch noch gekündigt wird, versucht er verzweifelt, den Schein seiner Existenz aufrechtzuerhalten. Gegenüber seiner Frau und den beiden erwachsenen Söhnen tut er so, als wäre er noch immer ein tüchtiger und beliebter Verkäufer. Am Ende sieht er nur einen Ausweg, um seine Familie vor dem endgültigen Niedergang zu retten...
Faszinierend ist wie Rückblicke, Erinnerungen und Wunschvorstellungen auf der Bühne dargestellt werden. Immer wieder steigen die Darsteller aus der "Gegenwart" aus und spielen Szenen aus früheren Jahren. Manchmal zeigt sich dieser Zeitenwechsel einfach an den unterschiedlichen Kostümen, welche die Darsteller plötzlich "jünger" machen. Das Bühnenbild ist einfach, aber mit wenigen Handgriffen stimmig verwandelbar.
Bei dieser wunderbaren Inszenierung sind eben alle Komponenten, die ein gutes Theaterstück ausmachen, auf hohem Niveau. Das war echt Theater vom Feinsten!

Mittwoch, 14. März 2012

Plötzlich und unerwartet...

...so beginnen Katastrophenmeldungen. Als ich letzten Donnerstag morgens meinen Blogeintrag schrieb, wusste ich nicht, dass die Katastrophe schon vor Stunden geschehen war und ich sie gegen 11.30 entdecken würde.
Wie jeden Donnerstag (und Montag) parkte ich mein Auto an der sieben Minuten entfernten Service-Wohnanlage, wo meine Mutter seit fast 2 1/2 Jahren lebt. Ich wollte sie für gemeinsame Aktivitäten abholen. Als auf mein Klingeln der Türdrücker nicht ertönte, wurde mir schon mulmig. Mit meinem Schlüssel bin ich ins Haus - und dann in die Wohnung. Ich fand meine Mama hilflos, aber bei klarem Verstand auf den Fliesen in ihrem Bad. Irgendwann nach Mittwochmittag - da bekam sie ihr Essen geliefert - war sie plötzlich gestürzt. Im Wohnzimmer wie man an den Blutflecken von ihren Hautabschürfungen sehen kann. Sie hatte es geschafft, ins Bad zu robben. Warum sie durch die offene Schlafzimmertür nicht auch zum niedrig stehenden Telefon auf ihrem Nachtschrank gerobbt ist, weiß nur sie allein.
Sie war halt schon vier Jahre vor dem Tod meines Papas im Herbst 2009 schwer depressiv. Ansonsten ist sie aber körperlich unglaublich fit wie wir Ende Januar beim Gesundheitscheck mal wieder erfahren hatten. Sie ist auch erst 71.
Aus diesen Gründen hatten wir auch nicht mit diesem Unfall gerechnet.
Der Notarztwagen hat sie dann in die nächste Klinik transportiert. In einer Not-OP wurde ihr rechter Fuß, der sehr kompliziert gebrochen ist, mit einem Fixateur versehen. Das bedeutet: Bis morgen früh den Fuß im Bett still halten. Das bedeutet auch: Sich im Bett waschen lassen - und Bettpfanne. Das ist für meine Mama ziemlich unerträglich.
Morgen wird dann in einer zweiten OP der Fixateur entfernt und der Fuß "richtig" operiert. Bevor sie dann irgendwann in die Reha kann, wird sie wohl eine Weile in Kurzzeitpflege müssen. Das ist für sie natürlich alles ganz furchtbar.
"Plötzlich und unerwartet" hat sich aber auch mein Leben fürs erste komplett geändert. Jeden Tag fahre ich 20 Minuten für einen Weg, um meiner Mama für eine Stunde die Hand zu halten. Da muss ich andere Termine halt streichen. Dazu kommen Gespräche über Pflegestufe und die Suche nach einem Kurzzeitpflegeplatz.
Und so was ist ja auch für Menschen in meinem Alter normal. Die Eltern brauchen halt irgendwann unsere Unterstützung und wir sind die Verantwortungsträger. Aber meine Mama ist noch zu jung für einen Platz im Pflegeheim. Ich hoffe, das wird wirklich nur eine Übergangszeit. Ich hoffe, sie bringt trotz ihrer Depressionen den Elan auf, an ihrer Reha kräftig mitzuarbeiten.
Und erneut bin ich dankbar für jeden Tag, an dem mein Mann, unsere Kinder oder ich von solchen Unfällen verschont bleiben, die "plötzlich und unerwartet" alles Mögliche auf den Kopf stellen. Normaler Alltag ist etwas ganz Wunderbares!

Donnerstag, 8. März 2012

"Sehnsucht nach Heilung" -

so heißt das aktuelle Buch von Joni Eareckson Tada. Die Autorin ist nur ein paar Jahre älter als ich. Als Teenager habe ich ihre Autobiografie "Joni" mit großer Anteilnahme gelesen. Sie war 16 Jahre alt, als sie einen Kopfsprung in zu flaches Gewässer machte. Die Folge war Querschnittslähmung - ab dem Halsbereich. Sehr ehrlich schrieb sie damals von den ersten verzweifelten Monaten, von ihren Anklagen gegen Gott. Nach der Verzweiflung kam der Lebensmut zurück. Joni wurde eine gefragte Predigerin und Evangelistin, sie gründete eine Organisation mit dem Ziel, Rollstühle in die dritte Welt zu bringen und sie heiratete. "Nebenbei" malt sie wunderbare Bilder - mit dem Mund.
Ihre Ärzte sagen, es sei ein Wunder, dass sie nun schon über 40 Jahre im Rollstuhl überlebt hat. Leider geht es Joni in den letzten Jahren trotzdem zunehmend schlechter. Sie leidet unter fürchterlichen chronischen Schmerzen und an Brustkrebs. Und das, obwohl sie Gott seit Jahrzehnten voller Hingabe dient und für viele Menschen ein bewegendes Zeugnis ist. Sie lebt die Liebe zu Gott - obwohl er ihr bisher keine Heilung geschenkt hat.
In ihrem Buch erzählt sie von wohlmeinenden Christen, die sie fragen: "Haben sie je darüber nachgedacht, dass vielleicht unbekannte Sünde Ihrer Heilung im Weg stehen könnte? Dass sie irgendwie ungehorsam waren?"
Es ist interessant zu lesen wie Joni auf diese Fragen eingeht. (Ich bewundere sie übrigens für die Geduld und Ernsthaftigkeit mit der sie das tut. Ich finde so eine Frage von gesunden Christen an chronisch Kranke schlicht unverschämt)
Kapitelüberschriften wie "Die Frucht des Leides" oder "Danke, Gott, für diesen Rollstuhl" lassen ahnen, wohin die Reise geht. Eine Herausforderung für alle, die steif und fest behaupten, für echte Fromme dürfe es Krankheit nicht geben.

Montag, 27. Februar 2012

Email-Gespräch mit einem Literaten

Zunächst mein kleiner Appetithappen für Christsein-heute Leser:

„Aufstand“ (Ewart Reder, axel dielmann – verlag)
„3 christliche Nachgeschichten“ lautet der Untertitel für die Erzählungen in diesem kleinen, feinen Bändchen. Der Verlag wirbt damit, dass es um „das Echo des Ostermorgens, seine komplexe Nachwirkung“ geht. Das ist erstaunlich, weil es ein säkularer Verlag ist. Der Autor, ein von Fachleuten gelobter Literat, gehört zur Landeskirchlichen Gemeinschaft. Seine Geschichten in diesem Büchlein haben Johannes 20 als Grundlage. Das erkennt man nicht auf den ersten Blick, manches ist erst mal fremd und sperrig. Wer sich die Mühe macht, in diese Texte einzusteigen, darüber nachzudenken, wird überraschende Impulse bekommen und wie „Jo“ oder „Lena“ dem Auferstandenen begegnen. Als Einstieg empfehle ich, die zweite Geschichte zuerst zu lesen. Sie erschließt sich leichter als die anderen und bezeugt raffiniert die Auferstehung. Info: www.fyrleser.de

Nun kommen ein paar Fragen bzw. Gedanken an den Autor zu den „3 Nachgeschichten“:
„Du hast ja gesagt, ich könne die Chance, dich zu löchern, gerne nutzen. Dann mach' ich dat!
Am meisten Mühe macht mir dein hl. Thomas. Was du dir vielleicht gedacht hast, als du mir empfohlen hast, "Die Falte" zuerst zu lesen. Ich stelle für mich fest: Ich brauche bei Geschichten eine Logik. Also - ich liebe gute Fantasie, Sciene Fiction, Märchen! Aber die Story muss für mich in sich logisch sein. Weißt du, was ich meine?
"Hände aus Himmel" ist für mich so eine "logische" Geschichte. Sie spielt irgendwann nicht so weit von Jesu Auferstehung entfernt und erzählt aus "Lenas" Leben vor und nach der Auferstehung. Abgesehen davon ist es eine Geschichte, die ich sehr schön finde. Eine Botschaft, die bei mir angekommen ist: Jesus berührt Menschen durch Menschen. Nichtchristen werden sicher was anderes verstehen - aber das macht ja nix.

"Die Falte" ist für mich auch eine logische Geschichte. Da stört es mich überhaupt nicht, das Jo, Pit und Co eigentlich in einer falschen Zeit sind. Ich lese die mehr wie ein Gleichnis oder so. Und damit die Serviettenparallele überhaupt denkbar ist, muss die Geschichte sowieso aus ihrer eigentlichen Zeit raus.

Unlogisch erscheint mir dagegen der elektische Strom beim hl. Thomas. Alles andere, was ein bisschen Durcheinander wirkt, kann ich innerhalb der Geschichte gut nachvollziehen. (Obwohl ich mich frage: Was genau ist da in der Besenkammer passiert? :-) ) Indien vernebelt halt die Sinne, Opium zusätzlich - und da gibt es eben Eindrücke, die einen überrollen, überwältigen und so. Ich habe mir alles ganz gut vorgestellt - wie der Thomas in einer völlig fremden Kultur ganz unvorbereitet ankommt. Aber warum hast du das Ganze dann plötzlich in Zeiten des elektrischen Stroms versetzt?“

Auszug aus der Antwort des Autors (er hat die Veröffentlichung "abgesegnet"):
„Der Sicherungskasten geht auf das Konto erzählerische Freiheit, die mir sehr wichtig ist. Da bin ich Sohn der Moderne, die das Realismuskonzept des 19. Jhdt. hinter sich lässt und sich auch vom Konzept des Sozialistischen Realismus fünfzig Jahre später nicht mehr einfangen lässt. Heute schwimmen wir mE wieder in einer ganz dicken, 100 Jahre und mehr abgestandenen Realismus-Sauce, die zu viel Spannendes in der Literatur zuschwappt. Illusionen aufbauen und vom Leser nachvollziehen lassen ist ein für mich uninteressantes Konzept. Da taucht der Leser ein, aber auch weg, macht nichts mehr aus dem Leseerlebnis, gestaltet nicht mit usw. Also einfach: Freiheit zu überraschen, die köstliche und gottgegebene Freiheit Schöpfer / Mitschöpfer zu sein, statt das schon Vorhandene nachzubuchstabieren.
Wenn man dann noch die Sinnfrage stellt, wofür ich (unzeitgemäß) immer zu haben bin, hat man in dem Sicherungskasten die Anbindung der historischen Erzählung an das Indienerlebnis des heute dorthin Reisenden. Der sinnliche overload der indischen Kultur soll den europäisch-verarmten Leser als überzeitliches Phänomen herausfordern, heute = damals.“

Montag, 20. Februar 2012

Randvoll gefüllt...

...oder: Mit Gutem gesättigt - bin ich vor zwei Stunden von meiner langen, langen Bahnfahrt zu Hause angekommen. Es war wieder Karneval - es war wieder Rad-Tagung in Schwäbisch Gmünd. Die habe ich im letzten März schon ausführlich erklärt.
Auch dieses Jahr habe ich wieder eindrückliche Kunsterlebnisse mit nach Hause nehmen dürfen. Aber auch interessante geistliche Inputs. Das Buch Jona wird schon zu einem ganz neuen Erlebnis, wenn ein guter Schauspieler es einfach nur liest. Wenn Albrecht Gralle es dann noch auslegt, auf seine ganz eigene interessante, bisweilen trocken-humorvolle Art, dann spricht Gott durch altbekannte Texte noch mal überraschend neu. Heute Morgen im Abschluss-Godie gab es eine kreative Predigt von Christoph Zehendner, die ich mal als Theaterpredigt im besten Sinn bezeichne. Diese Predigt wurde so greifbar und plastisch, dass ich sie bestimmt nie vergesse.
Bei allem Beeindruckendem bleiben für mich am Wichtigsten und Nachhaltigsten die vielen Begegnungen und Gespräche. Eine möchte ich herausgreifen, weil sie zeigt wie wichtig es ist, sich auf Menschen einzulassen, von denen man meint, dass sie einem eigentlich nicht liegen.
Ewart Reder ist einerseits ein Intellektueller durch und durch. Jedenfalls als Autor. Ich stehe ja mehr auf das Einfache, trotzdem nicht doofe, das mich auch gut unterhält. Ewarts Texte sind nicht unbedingt unterhaltsam, sie sind manchmal sperrig, man muss darüber nachdenken. Er ist Literat. Und ich kann eigentlich mit Intellektuellen nicht viel anfangen. Die stecken bei mir in einer Schublade.
Und in diese Schublade passt der Ewart nun ausserhalb seiner Texte gar nicht rein. Er ist bodenständig, hat in Alltagsgesprächen richtig gute praktische Gedanken und einen Sinn für Humor und Ironie. Man kann sich ganz normal und sehr anregend mit ihm unterhalten. Mit seiner Frau übrigens auch. Wir waren zu Dritt heute per Bahn bis Frankfurt unterwegs und die Zeit verging wie im Flug.
Das RAD hat mich in den letzten Jahren immer wieder trainiert, meine Schubladen in Frage zu stellen und häufig auch dazu, mich von ihnen zu verabschieden. Und dafür bin ich Gott außerordentlich dankbar.

Sonntag, 12. Februar 2012

Frommes Fan-Sein finde ich doof...

...und unbiblisch. Da reagierte Paulus im ersten Korintherbrief ja schon allergisch drauf. Trotzdem gibt es zumindest einen lebenden Prediger, von dem ich sehr angetan bin. Wenn ich über ihn begeistert schreibe, hoffe ich, dass ich die Grenze zum blauäugigen Fan-Sein nicht überschreite.
Peter Strauch war heute der Gastprediger in unserem "Gottesdienst für Ausgeschlafene". Ich habe nicht auf die Uhr geschaut wie lange er gepredigt hat - es war auf jeden Fall viel zu kurz. Ich hätte ihm auch noch doppelt oder dreimal so lange zu gehört.
Er predigt ohne Manuskript, trotzdem durchdacht und strukturiert. Er steht aber auch dafür, dass eine intelligente Predigt viel Herz und Wärme haben kann. Heute malte er die Liebe Gottes zu jedem einzelnen Menschen so ansprechend und persönlich aus, dass selbst ich Tränen in den Augen hatte. Und das will was heißen, ich bin so gar nicht sentimental, eher nüchtern.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendeinen Zuhörer gibt, der nicht deutlich spürt: Der Peter Strauch ist durch und durch echt - auch,wenn er predigt. Da gibt es keine Show und keine Worte, die darauf zielen als Mensch besonders klug, geistreich oder beeindruckend zu wirken.
Dennoch ist das, was er zu sagen hat, auch klug, geistreich und beeindruckend. Vielleicht ist das Geheimnis, dass er wirklich Wichtiges so leicht verständlich ausdrücken kann, dass es auch der einfachste Mensch unter den Zuhörern versteht.
Ein weiteres Phänomen: Selbst, wenn ich unter 200 Zuhörern sitze ist es manchmal so, als säße ich alleine mit Peter auf nem Sofa und er spräche nur mit mir - als gäbe er Gottes Wort nur für mich weiter.
Für mich strahlt der Mann etwas aus von Gottes Freundlichkeit und Güte ohne dabei altväterlich zu wirken.
OK - für meine Verhältnisse habe ich getz aber genug geschwärmt! Ich will auch bestimmt Niemand anhimmeln. Es ist mehr so, dass ich mich freue: Es gibt auch in unserer Zeit noch geistliche Vorbilder. Die brauchen wir nämlich. So schön der reiche Schatz an Glaubenseltern ist, der uns bereits "voran" gegangen ist - wir sind darauf angewiesen, dass es solche Mütter und Väter auch "zum anfassen" gibt. Sie beweisen, dass Jesus Christus auch heute noch daran arbeitet, dass seine Leute ihm immer ähnlicher werden.

Montag, 30. Januar 2012

Über den eigenen Schatten zu springen...

...erweist sich bisweilen als große Bereicherung. Ich hatte gestern Nachmittag wenig bis null Bock, mit meiner ältesten Tochter zwei Stunden über die Autobahn bis zur TUI-Arena in Hannover zu gurken. Viel lieber hätte ich diesen kalten Wintertag gemütlich auf dem Sofa beendet - mit Lindenstrasse und Tatort.
Aber sie hatte mir zu Weihnachten eine Eintrittskarte geschenkt - und sich selbst natürlich auch eine. Es ging um das Pop-Oratorium "Die zehn Gebote".
www.die10gebote.de

Was bin ich froh, dass ich dieses grandiose Projekt mal live erlebt habe. 1500 Chorsänger in weißen Oberteilen bildeten quasi das Bühnenbild. Außerdem klang ihr Gesang gewaltig schön. Dazu ein gutes Orchester, eine prima Band und Musicaldarsteller als Solisten. Der Hörgenuss war ein Erlebnis, die Liedtexte richtig gut. Dort kam die biblische Botschaft in modernen, flotten Texten rüber.
Ja, die "Message" ist tatsächlich im Sinn frommer Menschen - mal abgesehen von einem großen Fauxpax am "Happy End". Da heißt es dann, die Menschen wären nicht schlechter Natur und bräuchten nur die Liebe...
Aber sonst kommt der biblische Stoff um Moses Flucht in die Wüste, seine Berufung durch Gott, der Kampf mit dem Pharao und die erste Zeit der Wüstenwanderung unangefochten auf die Bühne. Ok - Zippora spielt eine große Rolle für Mose, welche die Bibel nicht hergibt, aber das ändert nichts daran, dass tiefe Wahrheiten rüberkommen, die Gott uns mit dieser Geschichte mitteilt.
Es hat mich echt berührt, wieder zu erleben, welche Kraft in den biblischen Geschichten steckt. Sie reißen mit - selbst, wenn sie auf einer nackten Bühne einfach nur gesungen werden. Und sie inspirieren Drehbuchautoren, Liederdichter und Komponisten bis heute. Was einmal mehr beweist, wie lebendig das Wort Gottes ist.

Montag, 16. Januar 2012

Schleichwerbung einer frommen Bloggerin?

Nö! So was geht gar nicht. Deshalb werbe ich jetzt einfach mal ganz direkt. Seit Weihnachten habe ich auch endlich einen Zauberstab!
Also - ich bin ja bekennender Genussmensch. U.a. liebe ich als solcher auch lecker Essen. Und ich bin ein Suppenfan.
Es soll ja Ehefrauen geben, die sich darüber ärgern, wenn sie mit Haushaltsgeräten beschenkt werden. Ich hatte mir zu Weihnachten sowas gewünscht. Fasziniert vom lockeren Einsatz von Pürrierstäben beim "Das perfekte Dinner" hatte ich mich danach gesehnt, auch mal nur mit ein paar "Klicks" ohne Schweinerei an den Herdfliesen geniale Suppen und Soßen zu zaubern.
Mit meinem vorsintflutlichen Pürrierstab aus dem Fundus unserer Hochzeitsgeschenke von vor 27 Jahren gelang das nie. Die herrlichen Zutaten aus dem Kochtopf landeten unter Einsatz des Haushaltsgeräts vorwiegend auf meinen Klamotten und in sonstiger Topfumgebung.

Jetzt habe ich einen Zauberstab von Moulinex. Den kann man tatsächlich in einen halbvollen Topf voll leckerem gekochten Gemüse tauchen und hat in Nullkommanix ohne irgendwelche Spritzer eine herrliche Suppe. Möhren-Ingwer zum Beispiel. Oder Rote Beete-Apfel. Satt orange die eine Kreation, dunkelpink die andere.
Zur Zeit stehe ich Haushaltsmuffel liebend gerne in der Küche und experimentiere. Und das bloß, weil ich das richtige Werkzeug für effiziente Arbeit gefunden habe.
Nö! Nen frommen Schlenker gibt es jetzt nicht. Aber es gäbe einen, oder?

Freitag, 6. Januar 2012

Ich weiß nicht, wie ich's sagen soll...

...ich weiß noch nicht mal genau, WAS ich sagen soll. Fest steht nur, dass es in mir gewaltig grummelt.
Ja, ok. Ich war auch nicht begeistert, als Christian Wulf unser BP wurde. Ich mochte ihn nicht. Er war mir zu glatt, zu langweilig - und vor allem habe ich mich darüber geärgert, dass er so locker und verliebt seine zweite Frau präsentieren durfte. Die Erste hatte ihn jahrelang begleitet und unterstützt - und als er eine gewisse Machtposition erreicht hatte, hat er sie einfach fallen gelassen und eine andere durfte sich im Licht der Öffentlichkeit sonnen.
Da hat sich aber sonst Keiner groß drüber aufgeregt.
Sowas ist also kein Hindernis, um BP zu werden.

Jetzt wird immer deutlicher wie unbedarft Christian Wulf dieses hohe Amt angetreten hat. Das ist aber nicht seine Schuld, sondern die der Menschen, die ihn in diese Position gehievt haben.
Sicher - er macht einen bekloppten Fehler nach dem anderen. Aber doch vor allem deshalb, weil die Pressejagdhunde ihn hetzen. So, wie sie jedes angeschossene Wild hetzen, dass ihnen vor die Leftzen kommt.
Mittlerweile habe ich Mitgefühl für Christian Wulf. Das heißt nicht, dass ich glaube, dass er ein guter BP ist. Was ich sehe ist, dass er nicht die Chance bekommt, Einer zu werden. Denn egal, ob er redet oder schweigt - die Medien haben sich auf ihn eingeschossen und deshalb bringt ihn alles zu Fall.
Niemand hat ihm beigebracht, ein guter BP zu sein. Das ist etwas, was er entweder unterwegs lernt oder eben nicht. Wenn es gut liefe in unserer Politik, dann würden Menschen BP oder BPräsidentin, die schon reife Persönlichkeiten sind und Herausragendes geleistet haben. Aber so ist es eben nicht bei uns. Da spielen Parteipolitik und Klüngel eine Rolle.
Falls die alte Regel "Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben" noch Gültigkeit hat, dann könnte auch aus Christian Wulf - trotz der schlechten Startbedingungen als Günstling eines Systems - ja noch was werden.
Die Geschichte der Bettina Schausten müssten ihm eigentlich dabei helfen. Sie hat doch gezeigt, dass sogar eine renommierte Journalistin völlig kopflos und bescheuert reagiert - ganz ohne Not - , wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlt. Und noch nicht mal sie schafft das, einfach nur zu sagen: "Das war bekloppt, es tut mir leid." Sie rechtfertigt sich - und macht alles nur schlimmer.
"Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein" - blöd, dass Christian Wulf das ins Spiel gebracht hat. Es hätte von den Medien kommen müssen.

Dienstag, 3. Januar 2012

Looser ist der Weihnachtsbaum

Zwischen den Jahren hatte ich eine großartige, abwechslungsreiche Zeit. Bereits am 20.12. traf unsere Studentin aus Witten bei uns ein. Das bedeutete gemütliche Frühstücke zu Zweit. Am Mittwoch haben wir dann den Weihnachtsbaum ausgesucht, transportiert und geschmückt. Bis Freitag waren dann auch unsere zwei Kinder aus der Nähe wieder ins heimische Nest gezogen.
Unser Tannenbaum bestrahlte wohlwollend und glänzend unsere Familien-Plaudereien. Am Heilig Abend war das größte Geschenk von allen: Wir fünf waren heil und gesund beisammen, machten unsere alljährlichen, bescheuerten Fotos unterm Tannenbaum und hatten einfach nur Spaß miteinander.
Am zweiten Weihnachtstag hatte der Tannenbaum richtig was zu gucken: Wir Fünf plus Söhnchens Freundin plus Mama plus mein Bruderherz mit Frau und Kindern. Diese Kinder sind erst zwei und acht - und natürlich hatten wir unterm Baum Geschenke für sie deponiert. Erwartungsvolle Kinder zu seinem Fuß - da läuft so ein Tannenbaum natürlich zur Hochform auf!

Nach dem ganzen Trubel nahmen der Gatte und ich eine zweisame Silvester-Auszeit auf Norderney. Die war ganz wunderbar! Unser Tannenbaum war trotzdem nicht einsam. Am Silvesterabend haben Söhnchen und Freundin in seinem Kerzenschein selbstgekochtes Essen genossen. Romantik hat er also auch noch mitgekriegt.
Ich schätze mal, die Nordmanntanne fühlte sich ganz wohl in unserem Haus. In zwei Wochen kann man sich an nette Menschen gewöhnen!
Heute hat sie dann sicher das blanke Entsetzen gepackt. Ich habe sie abgetakelt. Ratzfatz war ihr ganzer herrlicher Schmuck abgezupft. Dann habe ich sie aus dem Haus gezerrt und den langen Weg bis zum Ablageort geschleift.
Jetzt liegt sie nackt und geknickt auf einem Parkplatz und wartet auf die Müllabfuhr.

Ich fand Weihnachten und Silvester 2011 richtig klasse! Bisher habe ich 49 x diese Zeit erlebt - und es war meistens wunderschön. Aber so'n Weihnachtsbaum hat echt ein Scheißleben! Der ist schmückendes Beiwerk für gut zwei Wochen im Jahr. Und dann wird er geschreddert. Das hat so'n Baum nicht verdient. Aber das Leben geht nicht fair mit Loosern um - noch nicht mal an Weihnachten. Noch nicht mal, wenn ICH glücklich und zufrieden bin.