Dienstag, 6. Dezember 2011

Frust im Advent

Alle Jahre wieder meinen Christen, sie müssten vor allem im Advent viel Zeit in der Stille vor Gott verbringen. Und wenn das nicht gelingt, schieben viele von uns Frust. Weil wir uns schuldig fühlen. Warum eigentlich?

Wo im Wort Gottes steht geschrieben: Liebe Schwestern und Brüder! Ich ermahne euch, vor allem im Dezember die Stille vor Gott zu suchen und euch in diesen Wochen besonders auf Jesus zu konzentrieren. ???

Diese Mahnung gibt es nicht in der Bibel. Drei Gründe dafür liegen für mich nahe:

1. Gott ist liebevoll und zwingt uns nicht in Schemata.

Denkt mal zurück an den letzten Heilig-Abend-Godie. Seht ihr die angespannten jungen Mütter in den ersten Reihen vor euch? An Heilig Abend, nachmittags, sind ja die Familien als Ganzes eingeladen und dabei. Nicht wenige Familien haben dann zwei bis drei Kleinkinder am Start. Natürlich bleiben die nicht eine ganze Stunde still und brav sitzen! Deshalb sind diese jungen Mütter immer auf dem Sprung. Sie wollen ihre unternehmungslustigen Sprösslinge daran hindern, den Tannenbaum umzuschmeißen. Oder die Kamele aus der Krippe zu klauen.

Glaubt irgendjemand, in dieser Lebensphase könne man im Advent besinnlich zur Ruhe kommen? ----- Ich bin fest überzeugt: Gott erwartet das auch nicht.

2. Biblische Vorbilder hatten auch keinen besinnlichen Advent.

Nehmen wir alleine die Hauptpersonen an den traditionellen Krippen. Das waren lauter Menschen, die aus ihrem anstrengenden Alltag heraus Jesus anbeteten. Die Hirten erwischte die Engelsbotschaft mitten in der Arbeit. Die Weisen hatten eine monatelange Reise auf unbequemen Kamelen hinter sich gebracht.

Josef war bis kurz vor der Geburt mit vielen Sorgen beschäftigt gewesen. Zuerst die Angst: Hat meine geliebte Maria mich betrogen? Nachdem Gott ihm diese Angst genommen hatte, blieben die Fragen: Wie bekomme ich armer Mann meine schwangere Frau nach Bethlehem? Was, wenn das Kind unterwegs kommt? Wo sollen wir unterkommen? Und so weiter.

Und dann Maria: Der Schock, auserwählt zu sein, den Sohn Gottes zur Welt zu bringen. Die Angst: Wird mein geliebter Josef zu mir halten? Die ätzende Reise nach Bethlehem. Hochschwanger ca 150 Km auf einem Esel. Hilfe! Keine Hilfe bei der Geburt in einem Stall. Kurz drauf schon: Der Stall voller Gäste! Und oben drauf gabs auch danach keine Ruhe. Mit einem Neugeborenen musste fix nach Ägypten geflüchtet werden.

Wenn wir die Krippenfiguren anschauen. Besinnlicher Advent sieht anders aus! Schön, wenn es anders laufen kann – das finde ich gut. Aber: Gott erwartet offensichtlich nicht von seinen Leuten, dass sie gerade im Advent besonders „stille“ werden.

3. Gott möchte, dass wir seine Zeugen sind

Das bedeutet: Wir sollen andere Menschen einladen, ihn ebenfalls kennen zu lernen. Und es ist ein Fakt – warum und ob das toll ist, ist ein anderes Thema, aber:

Gerade zur Weihnachtszeit ist es für viele Menschen ok, Weihnachtsbotschaften zu lesen oder zu hören.

In der Dezemberausgabe von „Christsein heute“ ist ein Portrait über Erica Kernstock. Erica ist Christin und lebt in Gießen. Seit dem 20. November fährt sie jeden Mittag die gut 30 Km bis zu ihrem Elternhaus in Ulfra. Das macht sie schon einige Jahre so. Von 14.00 bis 18.00 öffnet sie dort bis zum 20.12 ihr Weihnachtsmuseum. Der Eintritt ist kostenlos. Sie stellt dort einen Teil der über 130 Krippen aus aller Welt aus, die sie seit vielen Jahren gesammelt hat.

„Es ist ganz erstaunlich, was ich den Besuchern anhand der Krippen alles vom Evangelium weiter sagen kann“, freut sich Erica. „An Weihnachten sind die Menschen für die christliche Botschaft sehr offen“.

Ihr Engagement bedeutet Stress im Advent. Ich bin überzeugt: Es ist gesegneter Stress.

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