Donnerstag, 27. Januar 2011

"Some see what is and ask why?

Others see what isn't and ask why not?" (G.B.Shaw)

Dieser Ausspruch ist das Motto des Internationalen Diakoniecafes "Why not" in Hamburg. Es gehört zur Freien evangelischen Gemeinde in Norddeutschland. Am Dienstag war ich als Reporterin für "Einblick" vor Ort.

„Die helfen dir", ist das Image dieser Arbeit unter Migranten in Hamburg. Den Meisten ist das gar nicht so klar. Wir sagen: Das ist ja nett, dass die FeGN einen Ort der Begegnung in Hamburg unterhält. Wir denken an „Multi-Kulti“ bei Kaffee und Kuchen und wunderbare Konzerte ausländischer Künstler, die uns für einen Abend mitreißen in außergewöhnliche Klangwelten.

Das alles bietet das „Why not“ – aber „Begegnung“ ist tatsächlich nur eines von drei Beinen, auf denen diese Arbeit steht.

Logisch! Wenn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Europäische Union, die Stadt Hamburg, Xenos und ESF dieses Projekt unterstützen, dann muss noch mehr dahinter stecken.

Es ist das zweite Standbein dieses diakonischen Arbeitszweiges, das gefördert wird: die Schulung. Sprache ist der Schlüssel zur Welt, deshalb helfen professionell geleitete Kurse, neue Türen aufzuschließen. Zur Zeit gibt es 120 Teilnehmer in diesen Kursen. Alle Lehrer haben eine Lizenz vom BFA, Migranten unterrichten zu dürfen. Deshalb werden für Berechtigte die Kosten vom Staat übernommen.

Illegale sind natürlich nicht berechtigt. Sie werden trotzdem im „Why not“ unterrichtet - kostenlos. Ob es uns gefällt oder nicht, es gibt in unserem Land die Parallelwelt der Illegalen. Solange sie niemand denunziert oder sie zum Beispiel ins Krankenhaus müssen, gehen sie zur Schwarzarbeit und schicken ihre Kinder ganz normal zur Schule. Glen Ganz, der Leiter des „Why not“, findet es richtig, auch ihnen die deutsche Sprache beizubringen. „Vielleicht werden sie irgendwann auffliegen und abgeschoben“, sagt er. „Aber dann sind sie in ihren Ländern Brückenbauer für deutsche Firmen oder deutsche Touristen. Die Schweden mit ihrem kostenlosen Sprachunterricht für alle Ausländer machen uns vor, wie sinnvoll so was ist. Schweden hat heute gute Beziehungen in der ganzen Welt.“

Glen hat schon oft erlebt wie das Beherrschen unserer Sprache Migranten positiv verändert hat. Plötzlich hatten Menschen Ziele und Pläne für ihr Leben und vor allem: Hoffnung.

Hoffnung vermittelt auch das dritte Standbein des „Why not“. Da geht es um kostenlose Rechtsberatung, interkulturelle Seelsorge und Lebensberatung. Kein Wunder, dass Migranten untereinander weitersagen: „Im Why not, da helfen sie dir!“



Donnerstag, 20. Januar 2011

Hofnarren-Geplauder: Gottesdienstleiter

Keine Ahnung, ob diese Dienstbezeichnung überhaupt in jeder Gemeinde verstanden wird. Manchmal heißen die Ausführenden auch „Moderator“, „Liturg“ oder einfach nur „Rahmenmensch“. Die Diener in diesem Amt dürfen weiblich sein, dann muss man ein „in“ hinten dran hängen. Manche meinen, die Aufgabe der Gottesdienstleitung wäre es, bis zur Predigt ein möglichst unterhaltsames Programm zu gestalten. Andere denken, es ginge darum, einen imaginären roten Faden zu knüpfen, der in der Predigt sein Ziel hat. Wieder Andere sind überzeugt, es müsste vor allem für eine freundliche, einladende Atmosphäre gesorgt werden. Tatsächlich möchten die Berufenen in diesem Amt nur ihren Teil dazu beitragen, dass die Gemeinde Gott begegnen kann.

Auf dem Weg zum Ziel lauern viele Tücken. Eine davon ist das Mikro. Aus irgendeinem Grund sind Gottesdienstleiter häufig von dem Wahn befallen, da wäre kein Saft drauf. Weshalb sie die Gemeinde ab und an zu Beginn eines Gottesdienstes heftig erschrecken. Nämlich dann, wenn sie energisch mit dem Knöchel ihres Zeigefingers auf den sehr wohl funktionierenden Tonträger pochen. Oder wenn sie kräftig zweimal hintereinander in denselben hinein pusten.

Man kann auch in Headsetmikros hinein pusten! Zusätzlich hat diese moderne Erfindung den Nachteil, von den meisten Ohren in nicht vorhersehbaren Abständen hinunter zu rutschen. Und sie verleitet zum Schielen, weil ständig ein Fremdkörper dicht vorm Blickfeld in Mund-Höhe herum hängt.

Aber es gibt wahrlich schlimmere Stolpersteine! Dazu gehören die Informationen. In der Vorbereitung war man bemüht, diese nicht langweilig und dennoch komprimiert zu formulieren. Und dann kommen gleich vier Bittsteller um zehn Minuten vor zehn mit herzerweichendem Augenaufschlag und finden es ganz wichtig, auch dieses und jenes noch unbedingt abzukündigen. So was wird am unteren Ende der Beliebtheitsskala nur getoppt, wenn der Gottesdienstleiter während des Vorspiels schon auf dem Sprung zur Kanzel sitzt und eine Stimme von hinten flüstert: „Mach dem Schlagzeuger doch mal schnell den Kragen glatt – der sieht so unordentlich aus!“

Am häufigsten stolpert ein Gottesdienstleiter aber über sich selbst. Die größte Versuchung in diesem Amt ist es, die Chance zu nutzen, um eine Minipredigt zu halten. Nach dem Motto „was ich euch immer schon mal sagen wollte.“ Das kommt meistens nicht gut an. Aber selbst nach liebevoller Vorbereitung in intensiven Gesprächen mit Gott kommt nicht immer alles gut an! Da ist die Jugend dankbar, weil ihre Freizeit mit Engagement und Leidenschaft abgekündigt wurde. Aber mindestens drei „Denglisch“-Gegner nölen hinterher daran herum. Vom gesamten Vormittag haben sie nur die Worte „Flyer“ und „Handout“ behalten. Oder für einen Abendmahlgottesdienst wurden mit Mühe die passenden Bibellesungen ausgesucht. Hinterher hört man: „Warum musste es die Lutherübersetzung sein? Bei der „Gute Nachricht“ hätten alle was verstanden.“

Gottesdienstleiter zu sein, ist „ein schönes Amt“. Man merkt es bloß nicht immer.

Dienstag, 11. Januar 2011

Zauberhaftes Kindertheater

Sonntagnachmittag waren der Gatte und ich mit unserem elfjährigen Patensohn im Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Eine Inszenierung von "Krabat" stand auf dem Programm. Zum Inhalt der Romanvorlage habe ich bereits im September 2010 gepostet - unter dem Titel "Ein bisschen Magier bin ich auch".

Ich war höchst gespannt wie es gelingen kann, ein 300 Seiten starkes Taschenbuch auf die Bühne zu bringen. Zumal die Geschichte auch davon lebt, ausgiebig an verschiedenen Orten zu spielen: Dort, wo Krabat in seinen Träumen zur Mühle gelockt wird; im düsteren Wald, der die Mühle umgibt; bei der Kirmes in einem Dorf; auf einem Friedhof und im Inneren der Mühle. Dort sogar abwechselnd in zwei Räumen: Dem Schlaf- und Arbeitsraum der Gesellen und dem Studierzimmer des bösen Zauberers.

Wenn einem die große Dreh- und Hebebühne eines Profitheaters zur Verfügung steht, dann kann man echt ne Menge machen! Alle wichtigen Orte waren zur richtigen Zeit präsent. Die Übergänge wurden fließend und logisch gestaltet. Dabei halfen dramatische Musik oder Donner und Blitz. Die Zuschauer froren mit Krabat während seiner einsamen Nachtwache auf einem Friedhof und schwitzten mit ihm bei der Arbeit am Mahlwerk der Mühle. Die Bühnenbilder waren echt gut gemacht!

Nun nützt die beste Bühnentechnik ja nichts bei schlechten Schauspielern. Aber natürlich hat das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg ein großartiges Ensemble. 16 Akteure hat das Theater für diese Inszenierung auf die Bühne gebracht. Die jeweils sieben Müllergesellen müssen bei Bedarf blitzschnell durch sieben Raben ersetzt werden. In den Rabenkostümen bleiben die Schauspieler völlig unkenntlich. Deshalb können sie die Bühne in den rabenlosen Szenen in diversen Nebenrollen beleben: Als Bauern, Dorfbewohner oder Tänzerinnen.

Der böse Müller unterrichtet seine Gesellen nur in schwarzer Magie, wenn sie in Gestalt von Raben in seinem Studierzimmer auf der Stange sitzen. Das gehört zu den vielen magischen Momente im Stück, die auf harte Arbeit der Schauspieler zurückzuführen sind. Sie mussten dazu im Zusammenspiel mit der sich bewegenden Bühne eine Art Choreografie entwickeln. Eben sieht man noch den verwirrten Krabat langsam die Treppe nach oben erklimmen – im nächsten Moment flattert er verstört als Rabe aus dem Kamin des Studierzimmers und gesellt sich zu den anderen sechs Vögeln auf die Stange.

Solche gut getimten Szenen gibt es viele. Einmal ist Krabat so genervt von einem petzenden Müllerburschen, dass er dessen Reisigbesen verzaubert. Da macht der Besen mit dem armen Kerl was er will. Tatsächlich scheint das Werkzeug ein Eigenleben zu führen und der Mensch wird zur Marionette. Dieser „Tanz“ war ganz großartig dargestellt. Auch gut einstudierte Kleinigkeiten entfalten große Wirkung:

Ein Bauer hält einen Strick in der Hand, an dem er ein so eben gekauftes Schwein nach Hause führen will. Dieses Tierkostüm ist übrigens genauso gut gelungen wie die Raben. Der Bauer zerrt also die arme Sau mit sich, der Weg führt hinter einem dicken Baum her. Dann taucht der Bauer wieder auf, er umklammert immer noch den gespannten Strick. Den hat jetzt aber einer der Müllerburschen um den Hals, der sich bloß in das Schwein verwandelt hatte. Natürlich ist das ein ganz simpler Trick. Aber das Ganze passiert so schnell und ist so gut trainiert, dass es wirklich wie Zauberei wirkt.

Fast die ganzen zwei Stunden ist die Bühne düster und dunkel. Dass das nicht zu bedrohlich wirkt, dafür sorgen einige ironisch-witzige Dialoge und das komödiantische Talent der Hauptdarsteller. Selbst der böse Zauberer verbreitet nicht nur Angst und Schrecken.

Am Ende ist es dann so, als ob die Schwärze zurückweicht und ein strahlendblauer Tag anbricht. Das wirkt nicht peinlich, weil der Effekt gut gemacht ist und die Darsteller sich zu einem spritzigen Schlusssong auf der Bühne versammeln. Da klatscht sogar das hanseatische Publikum locker den Takt mit. Regie führte Michael Bothe. Ich habe Lust, mir noch weitere Inszenierungen von ihm anzuschauen. Er hat ein Händchen für Theatermagie.

http://www.schauspielhaus.de/spielplan/detail.php?id_event_cluster=280928

Samstag, 8. Januar 2011

Der olle Ire kann es immer noch!

Vor ungefähr 30 Jahren wurde ich zum ersten Mal so was wie ein Fan. Ich hatte Chris de Burgh und seine Musik entdeckt. Bis dahin hatte es mich nie gelockt auf Popkonzerte zu gehen. In der Folge besuchte ich sogar zwei Großveranstaltungen dieser Art - einmal in der Dortmunder Westfalenhalle und einmal in der Nürnberger Frankenhalle.
Beide Male war es ein "de Burgh-Konzert". Und ich war begeistert.
Er erzählte in seinen Songs poetische Geschichten, die in meinem Kopf ganze Kinofilme ablaufen ließen. "Spanish Train" zum Beipiel oder "Dont pay the ferryman".
1985 waren mein Mann und ich das erste Mal schwanger und wir machten eine "Bed an Breakfast"-Tour durch Irland. Wir verliebten uns in dieses wunderbare Land und seine erzählfreudigen Bewohner. In jedem Pub und von jeder Gastgeberfamilie bekamen wir alle möglichen Geschichten zu hören. Seit dieser Zeit hörten wir Chris de Burgh noch lieber und verstanden die Seele seiner Texte noch besser.

1986 - ich war junge Mutter und passte wieder in mein knallrotes Lieblingskostüm von vor der Schwangerschaft - hatte der irische Sänger seinen Welterfolg mit einem Liebeslied: "Lady in Red". Das wurde zu unserem privaten Lovesong Nummer 1.

In den letzten Jahren haben wir den Singer und Songwriter aus dem Ohr verloren. Jetzt sitzt er erneut dick drin. Sein aktuelles Album "Moonfleet & Other Stories" setzt wieder dieses Kopfkino in Gang - mit hervorragendem Sound und in 3D.
"Moonfleet" ist ein Abenteuer- und Schmugglerroman aus dem 19. Jahrhundert. Es geht um Liebe, Verrat, Freundschaft - und hier und da gruselt es ganz schön. Ich habe das Buch nie gelesen, aber das macht nix. Chris de Burgh erzählt die Geschichte in mehreren Songs so, dass man glaubt, selbst in der Story drin zu sein.
Der Mann ist jetzt 63 - und ich hoffe, er macht noch ein paar Jahre weiter mit seinen fesselnden Projekten. www.cdeb.com

Mittwoch, 5. Januar 2011

Heiliger Zorn...

...gibt es so was? Für Christen?
Die Bibel warnt sehr häufig vor Zorn. Müssen wir ihn deshalb grundsätzlich vermeiden?
Zwei Bibelstellen machen mich nachdenklich.
In Markus 3,5 heißt es von Jesus: "Da sah er sie ZORNIG der Reihe nach an. Zugleich war er traurig, weil sie so engstirnig und hartherzig waren." Könnte "heiliger Zorn" mit tiefem Kummer zusammen gehören?
In 1. Samuel 11, 6 steht: "Als Saul das hörte, nahm der Geist Gottes von ihm Besitz und es packte ihn ein glühender Zorn." Wow! Das liest sich tatsächlich nach gottgewolltem Zorn. Allerdings war gerade Saul ein Mann, der auch oft zornig wurde, wenn Gott das nicht wollte.
Woher weiß ein Mensch, ob und wann sein Zorn heilig oder unheilig ist?

Ich halte mich für einen eher friedlichen Menschen. Klar kann ich spontan wütend sein - das legt sich aber meistens schnell. Und ich sage nicht oft etwas, das mir später leid tut. Dazu bin ich zu beherrscht. (Was jetzt auch nicht unbedingt was Positives ist. Wenn es ganz schlimm läuft, ist es einfach bloß nicht aufrichtig.)
Aber es gibt zwei Aufreger, die mich dauerzornig machen.
Der Eine ist die Behauptung mancher Christen, Gott wolle, dass Niemand - vor allem keines seiner Kinder - krank sei. So was ist ein Schlag ins Gesicht aller, die tapfer Gott preisen, obwohl sie chronisch krank oder gebrechlich sind. Ein prominentes Beispiel dafür ist Joni. Wieviel Menschen hat sie für Jesus gewonnen, wieviel tätige Liebe praktiziert, obwohl - oder vielleicht sogar weil - sie im Rollstuhl sitzt? Sie und viele andere Christen sind ein Beweis für die Pauluserkenntnis: "Gott ist gerade in den Schwachen mächtig". Wie kommen manche Frommen dazu zu behaupten, Gott wolle alle stark, also gesund, machen? Das war noch nicht mal zu biblischen Zeiten der Fall. Diese Ignoranz macht mich richtig sauer.

Mein zweiter Aufreger sind arrogante Christen. Die Gründe für so was sind vielfältig. Manche bilden sich was auf ihr Geld ein, andere etwas auf ihre Intelligenz und wieder andere sind verliebt in ihre Fähigkeiten. In die letzte Falle tappen oft Künstler, gerade auch solche, die auf der Bühne stehen. Bei so manchem bewegenden christlichen Konzert oder Theaterevent trifft man vor und nach der Vorstellung auf ätzende Diven.
Auch geistliche Führungspersönlichkeiten können Allüren haben. Was man vor allem daran merkt, dass sie mit "Normalos" nicht sprechen, höchstens ganz von oben herab. Das Publikum oder die Zuhörer dürfen Beifall klatschen und bewundern - aber sollen sonst bitte auf Distanz bleiben.
Wenn ich so was mitbekomme, ist mir echt zum Kotzen.
Aber ob das nun ein heiliger Zorn ist? Und falls ja - müsste ich dann nicht anprangern, mindestens konfrontieren? Und wie passt das dann mit dem Aufruf zusammen, Frieden zu stiften? Oder gar zu lieben?

Ich bin sehr dankbar, dass ich kein Prophet bin! Gerade die im Alten Testament hatten ja genau diese Aufgabe: Anprangern und Konfrontieren. Lieb gehabt wurden die nicht.
Hm - wie mache ich das bloß, einfach nicht mehr zornig zu sein?