Donnerstag, 22. Juli 2010

Petitessen desavouieren

"Was haben wir für eine wohlklingende Muttersprache", dachte ich vorgestern beim Lesen des Hamburger Abendblatts. In einem Artikel über die durch Volksentscheid geplatzte Schulreform, der von einem deutschen Schreiberling verfasst wurde, blitzten mich diese beiden Worte plötzlich verführerisch an: "Petitesse" und "desavouieren".
Ersteres konnte ich mir mit meinem noch rudimentär (Ups! Getz mache ich es auch schon! Also sagen wir "in Resten") vorhandenem Schulfranzösisch locker erschließen. Das war eine "Kleinigkeit". :-)
"Desavouieren" musste ich googeln. Heißt zum Beispiel "bloßstellen", "herabwürdigen", "widersprechen" oder "herausdrängen". Man spricht es "desawuieren". "Ich desawuiere" hört sich doch entschieden netter an als "Ich bin dagegen", woll?
Ich werde mir das merken - und mal gucken, ob ich in den nächsten zwei PC-losen Wochen auf Kreta weitere Ideen zur Bereicherung unserer deutschen Sprache aufschnappen kann.
Ich werde sie dann hier weiter geben.
Jetzt hoffe ich erst mal, dass ich die griechische Küche nicht später desavouieren muss. Befriedigte Gaumengenüsse im Urlaub sind für mich keine Petitesse!

Montag, 19. Juli 2010

Glücksmomente

Gestern war ein großartiger Tag!
Unsere Älteste benachrichtigte uns auf Facebook, dass sie gut in Detroit angekommen ist, dass die Verwandtschaft dort auf dem Land spitze ist, ein super Programm für die nächsten drei Wochen für sie aufgestellt hat und sie behandelt wie einen Star.
Unsere Mittlere meldete sich per Handy mitten von der großen Party auf der A40. Sie liebt das Ruhrgebiet und ist froh, dass sie dort studiert und in einer wunderbaren WG lebt.

Es ist erstaunlich wie sehr das eigene Glück davon abhängt, dass es den erwachsenen Kindern gut geht. Wir können ja nicht mehr viel dazu beitragen, müssen sie manchmal schweren Herzens eigene Wege gehen lassen, von denen wir schon wissen, dass die in einer Sackgasse enden.

Überhaupt müssen wir oft genug hilflos zusehen wie liebe Menschen sich selbst ins Abseits schießen.
Eltern, die fatale Entscheidungen treffen, Freundinnen, die sich immer wieder den falschen Mann aussuchen, Freunde, die verdrängen, statt sich den Problemen zu stellen...

Und selbst, wenn wir es könnten, dürfen wir Niemanden zu seinem Glück zwingen. Oder?
"Der Vorleser" von Bernhard Schlink ist ja so eine Geschichte, die dieses Problem sehr eindrücklich zum Thema gemacht hat. Dürfen wir Menschen "retten", die das gar nicht wollen? Bedeutet die "Würde des Anderen achten" nicht auch, seine selbstzerstörerischen Entscheidungen zu respektieren?

Das sind schwierige Fragen. Umso schöner sind die Zeiten, in denen es geliebten Menschen einfach nur rund um gut geht.

Montag, 12. Juli 2010

"Drei Minuten mit der Wirklichkeit"...

...heißt der Roman von Wolfram Fleischhauer, den ich am letzten heißen Wochenende im Schatten unseres Magnolienbaumes in einem Rutsch gelesen habe.
Dieser Autor schafft es immer wieder, um Themen herum, die ihn interessieren, spannende Geschichten zu erzählen. Während der Leser gut unterhalten wird, lernt er ganz nebenbei Vieles über Dinge, von denen er bisher gar nicht wusste wie packend die sind.
In "Drei Minuten..." geht es um Tango und um Argentinien.
Der holländische Choreograf Heert, nach eigenem Bekunden ein "alt 68er", sagt zur Heldin des Romans:
"Wenn du hier jemanden fragst, was ihm beim Datum 1978 und Argentinien einfällt, dann wirst du in neun von zehn Fällen hören: Argentinien wird Fußballweltmeister. Dass zum gleichen Zeitpunkt Tausende von unschuldigen Menschen in über Buenos Aires verstreuten Konzentrationslagern saßen und gefoltert wurden, interessierte keinen...Frankreich war wenigstens anständig genug, die Spiele zu boykottieren. Den anderen Ländern war es gleichgültig, in Sichtweite von Konzentrationslagern Fußball zu spielen. Das ist eben diese sklavische Hörigkeit gegenüber der amerikanischen Außenpolitik. Wenn die Sowjetunion in Afghanistan einmarschiert, boykottiert man die Olympiade. Aber eine pathologisch grausame Militärdiktatur taugt durchaus für Fußballfreundschaftsspiele und als Gastgeber für Weltmeisterschaften."

Wow! Sowas zu lesen ist Grund genug, um sich mit dem Argentinien der späten 70er Jahre zu befassen. Und mich freut es natürlich, dass ich mit meinem Juni-Post zur WM nicht nur naiv war. Sondern ein Gefühl für richtig und falsch hatte, was einige andere Menschen teilen. Der Fleischhauer kann das natürlich viel besser ausdrücken!

Sonntag, 11. Juli 2010

Schade! Vorbei!

Ich meine nicht die WM - die wird ja wieder kommen. Ich meine Günter Netzer als Spielekommentator.
Der Mann hat was, oder? Er ist nicht unbedingt schön, aber schöner als früher. Sein Aussehen ist aber auch nicht wichtig. Der Mann hat Ausstrahlung. Er hat sie, gerade weil er nicht auf Wirkung aus ist. Er ist kein strahlender, charmanter Unterhalter. Im Gegenteil - er zelebriert ja schon fast seine Zurückhaltung, sogar eine zeitweilige Gehemmtheit.
Er ist gut beraten, das nicht zu verstecken, denn so ist er wohl.
Andererseits sieht er es aber auch nicht ein, seine Gefühle zu verstecken - und schon gar nicht seinen Sinn für Ironie. Echtheit kann er sich leisten, weil er in den Fragen, zu denen er öffentlich Stellung nimmt, ein echter Fachmann ist. Niemand stellt beim Thema "Fußball" seine Kompetenz in Frage.
So einer wie Günter Netzer wäre auch kein schlechter Pastor, oder?

Samstag, 3. Juli 2010

Mitten im schönsten Sommer...

...befallen mich meine größten Zweifel- die an einen liebenden Schöpfergott.
Mitte Mai geht das meist los, wenn ich Tag für Tag mit meinem Staubsauger gegen die winzigen schwarzen Häufchen ankämpfe. Ein bisschen erinnert mich das an die "Ghostbusters", wenn ich Hunderten von Ameiseneiern (oder was immer diese teuflische Masse auch ist), voller Groll den Garaus mache.
Gerade jetzt geht der Kampf weiter - gegen die Mücken, die mich vorwiegend nachts heimsuchen. Und immer nur mich stechen, nie den Gatten.
Ich weiß auch schon, was im August auf mich zu kommt. Wie ich mich wieder zum Gespött von Quickborn machen werde, weil ich selbst in größter Hitze mit dicken Jeans, Kniestrümpfen und Turnschuhen zum Altglascontainer verreise. Ich werde außerdem langärmelig gewandet sein, Skihandschuhe tragen, eine Mütze - und die Sonnebrille mit den größten Gläsern, die ich im Haus auftreiben kann. Im August sind Altglascontainer nämlich das Zuhause von Heerscharen von Wespen. Und warum die irgendjemand erfunden haben sollte, kann ich mir nun wirklich gar nicht erklären.

Andererseits erkenne ich aber auch mitten im schönsten Sommer, warum es einen liebenden Schöpfergott geben MUSS.
Der Hauptgrund dafür sind Erdbeeren. Leicht zu ernten, von fabelhaftem Rot, süß, saftig - und oberlecker. So was Tolles entsteht doch nicht einfach von selbst! Genauso wenig wie Holsteiner Spargel oder Knubberkirschen.
Falls eine Welt ohne Wespen gleichzeitig eine Welt ohne Erdbeeren wäre, will ich die Wespen lieber behalten.
Vielleicht sind süße Früchte UND fiese Insekten gerade in der Kombi ein Beweis für einen liebenden Schöpfergott? Als Zeichen dafür, dass Leben genau SO gedacht ist: Höhen und Tiefen, Freude und Leid, Lachen und Weinen, Genuss und Frust- Erdbeeren und Wespen eben.