Mittwoch, 30. Juni 2010

Bisher Unbeachtetes lieb gewinnen

Seit gestern bin ich zurück von einer wunderschönen Woche auf Norderney.
Wettermäßig hatten meine Freundin und ich eine Sahneschnitte erwischt. Diese Insel kenne ich, seit ich sechs bin, also gute 40 Jahre.
Ich war zwölf, als meine Eltern eine FeWo dort erwarben und fühle mich dort mehr zu Hause als in meinem Geburtsort.
Hunderte von Malen werde ich wohl an der katholischen Pfarrkirche St. Ludgerus vorbei gelaufen sein ohne sie groß zu beachten. Sie liegt mitten in der belebten Fußgängerzone, deshalb passiert man sie in jedem Urlaub mehrmals täglich.
Seit 2008 hat das unscheinbare Backsteinkirchlein einen architektonisch interessanten Glasanbau bekommen. Von Innen schaut man nun direkt auf die Kneipen und Restaurants der Friedrichstraße und ist innerhalb der Kirche mitten im Leben. Das gefällt mir schon mal so als gelungenes Symbol.
Auch der Kirchenraum ist großartig neu gestaltet - freundlich, modern, ohne Firlefanz, wohltuend fürs Auge.
Es tut gut, für einige Zeit dort zu verweilen und zu beten. Seit mein Papa im Oktober 2009 gestorben ist, zünde ich jedes Mal, wenn ich auf der Insel bin, in St. Ludgerus eine Kerze für ihn an. Die brennt dann vor einer der großen Scheiben, ganz nah am lebhaften Menschenstrom.
Als "geborene" Freikirchlerin habe ich mit den Opferkerzen eigentlich nichts am Hut. Ich merke aber, dass sich hier für mich ein persönliches Ritual entwickelt. Mein Papa hat Norderney genauso geliebt wie ich. Wir gingen dort gerne mal zusammen in eine Kneipe, mochten Beide dort in Restaurants gut Fisch essen.
Ich denke, es wird ihn freuen, dass ich im Herzen des Inselstädtchens einen festen Ort habe, an dem ich besonders an ihn denke.
Vielleicht werde ich in Zukunft in jeder Kirche für ihn eine Kerze anzünden. Zu seinem Grab komme ich nicht oft - es ist 400 Km von Quickborn entfernt. Ich glaube ja sowieso nicht, dass mein Papa dort zu finden ist. Aber es wäre schon nett, öfter Blumen dort hin bringen zu können.
Meine "Blumen" werden jetzt wohl die Opferkerzen werden, die ich früher bei Kirchenbesuchen meist übersehen habe.
Schon verrückt, wie plötzlich etwas Bedeutung im Leben gewinnt, nur weil sich eine persönliche Geschichte dazu entwickelt hat.

Dienstag, 15. Juni 2010

Politisch nicht sehr helle

Also - ich finde Geschichte spannend. Sogar bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Aber Politik ist nicht meine Neigung und wohl auch nicht meine Berufung.
Trotzdem sagt mein Bauch manchmal was zu aktuellem Weltgeschehen.
Vorhin war Halbzeit im WM- Spiel Brasilien gegen Nordkorea. Das weiß ich, weil ich Söhnchen und Freund den bestellte Döner vor die Glotze lieferte.
"Moment mal", dachte ich. "Nordkorea spielt bei der WM? Jener Staat, der seit Jahrzehnten ein ganzes Volk mies unterdrückt? Wie kann das sein?"
Söhnchen sagte, dass es eben um Sport geht. Und diese Nation sich eben qualifiziert hat. Und ich wünsche den einzelnen Spielern auch wirklich von Herzen alles Gute. Ich wünsche ihnen vor allem, dass sie in ihrem Land nicht durch Familienbande angebunden sind und bei Gelegenheit in Südafrika die Biege machen können.
Aber ich frage mich trotzdem wie es sein kann, dass ein Diktator, der von allen freiheitsliebenden Völkern geächtet werden müsste, seine Sportler zu so einem Event antreten lassen darf. Mit der Teilnahme fühlt er sich doch im Recht - von der Völkergemeinschaft akzeptiert.
Oder sehe ich das jetzt falsch? Wäre es nicht richtig, ihn von allen friedlichen Völkerfesten auszuschließen?
Kann mich mal Jemand erhellen?

Montag, 14. Juni 2010

Die Freiheit der Entscheidung

Gerade las ich einen Leserbrief in einer christlichen Zeitschrift.
Der textet gegen einen Artikel, welcher verantwortliche Entscheidungen von Christen für gut und richtig befindet.
Der Verfasser des Briefes schreibt, dass Jesus großen Wert darauf legt, "dass das 'Ich' (mit allen seinen Entscheidungen) sterben muss."
Falls dem so wäre, bekäme ich Schwierigkeiten mit so manchem Bibeltext.
Schon auf den ersten Seiten der Bibel sehen wir wie Gott seinen Menschen viel Entscheidungsspielraum gibt:
"So formte Gott aus der Erde die Tiere des Feldes und die Vögel. Dann brachte er sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er jedes einzelne nennen würde; DENN SO SOLLTEN SIE HEISSEN." (1. Mose 2,19)
Salomo erlebt, dass Gott seine ganze Fülle von Möglichkeiten vor ihm als jungem König ausbreitet und ihm zutraut, eine gute Entscheidung zu treffen: "WÜNSCHE DIR, WAS DU WILLST; ICH WILL ES DIR GEBEN." (1. Könige 3,5)
Paulus entschied sich, Single zu bleiben, während es genauso in Ordnung war, dass Petrus seine Ehefrau mit auf Dienstreisen nahm.
Beispiele für Entscheidungsfreiheit gibt es also in der Bibel genug. Natürlich ist sie eingeschränkt. Dort, wo Gott ausdrücklich gebietet oder verbietet, erwartet er Gehorsam.
Aber er schreibt uns doch nicht in jeder Sekunde unserer Lebens jede winzige Entscheidung vor.

Ich glaube noch nicht mal, dass er uns alle großen Entscheidungen vorschreibt. In meiner Teenagerzeit hieß es, es gäbe nur einen Mann auf der Welt, den Gott für mich ausgesucht habe. Die passende Bibelstelle dazu habe ich bisher nicht gefunden. Deshalb habe ich vor über 25 Jahren einfach den ersten Mann geheiratet, in den ich schwer verliebt war. Wir sind immer noch gerne miteinander verheiratet - allermeistens. :-)
Heute bin ich überzeugt, dass Gott uns bei der Partnerwahl viel freie Hand lässt. Wenn wir uns entschieden haben, möchte er allerdings, dass wir zu dieser Entscheidung stehen - auch in Krisenzeiten. (Damit verurteile ich Niemand, der das nicht schafft. Eine gute Ehe hat viel mit Gnade zu tun - aber das ist ein anderes Thema.)

Entscheidungen zu treffen ist m.E. keine Sünde, sondern göttliche Befähigung. Allerdings hat jede Entscheidung Konsequenzen - bei der Berufswahl zum Beispiel. Wenn man sich für eine Ausbildung entscheidet, fallen alle anderen Möglichkeiten weg. Aber Gott wird den Schornsteinfeger genauso segnend begleiten wollen wie den Zahnarzt.

Samstag, 5. Juni 2010

Jet-Set-Feeling im Dienst des Herrn

Ok - "Jet" ist jetzt etwas dick aufgetragen. "DB-Feeling" ist korrekter. Heute um 14.30 wurde ich mit dem PKW über eine Elbbrücke gefahren und hatte den klassischen Blick auf "Elbflorenz" - Dresden City in ganzer Pracht. Gegen 19.30 fuhr mein EC über eine andere Brücke - und ich hatte den klassischen Blick auf Jungfernstieg und Alsterfontäne. Und das alles für umsonst!
Gestern Abend um diese Zeit saß ich mit einer Flasche Bier auf der Terrasse meines Blockhäuschens im Forsthaus Luchsenburg. Dort, in Ohorn, zwischen Dresden und Bautzen, mitten im Wald, fand heute morgen ein "Familienfrühstück" statt. Die fünf engagierten Organisatoren dieser regelmäßigen Veranstaltung mitten in Sachsen hatten mich mit meinem Vortrag "Anpacken, nicht einpacken!" eingeladen.
Das erste Mal in meiner Referentinnenlaufbahn genoss ich den Luxus einer Hotelübernachtung. Das hat schon was - vor allem, wenn es so schön ist wie in diesem Wald. Heute morgen um 7.00 konnte ich erstmal 'nen Hasen vor meiner Hüttentür begrüßen.
Noch netter waren meine neuen menschlichen Bekannten. Bei Familie Z. genoss ich heute Mittag eine leckere Spargelsuppe - und interessante Einblicke in das ehrenamtliche Engagement von Christen ohne Gemeinde.
Die liebe Heike hat mir noch ein großartiges Geschenk gemacht - ein wunderhübsches Bäumchen für meine Terrasse. Anfänglich dachte ich, die sperrige Pflanze wäre ein Klotz am Bein - aber sie entpuppte sich als Türöffner für nette Gespräche im Zug. Und jetzt freue ich mich sehr über diese schöne Erinnerung an eine wirklich nette Vortragsreise.
Früher, als unsere Kinder klein waren, fühlte ich mich manchmal zuhause angebunden, während mein Gatte Karriere machte und viel unterwegs war.
Heute, wo meine Kinder groß sind, darf ich selbst viel unterwegs sein. Was mir großen Spaß macht.
Ich erlebe gerade, dass Gott mir all das schenkt, was ich früher manchmal vermisst habe. Denn obwohl es meine Entscheidung war, ganz für unsere drei Kinder da zu sein, heißt das eben nicht, dass ich immer mit dieser Entscheidung glücklich war.
Persönliche Entscheidungen gilt es, mit allen Konsequenzen zu tragen. Aber wenn die Verantwortung nicht mehr besteht, ist es genauso wichtig, neue Chancen zu nutzen.
Ich bin Gott dankbar, dass ich die bekommen habe.