Montag, 5. April 2010

Es macht Spaß, mal ganz woanders zu sein...

...habe ich letztens hier noch fröhlich gepostet.
Heute muss ich ergänzen: Manchmal geht es an die Nieren, ganz woanders zu sein.
Mein "hier" sein , mein Zuhause, zeigte sich über die Ostertage von der besten Seite:
Beide selbstständigen Töchter als Übernachtungsgäste, heitere, ausgedehnte Frühstücke zu Fünft, gemeinsame Mahlzeiten inklusive der lieben Freundin von Söhnchen, ein mitreißend- fröhlicher Gottesdienst in einer Pfingstgemeinde am Ostersonntag. Kurz: Lachen, Gemeinschaft, lebendige Hoffnung.

"Ganz woanders" war der Film "Precious", den wir zu Sechst im Kino geguckt haben. Fast zwei Stunden kam uns eine völlig fremde, düstere und gemeine Welt hautnah.
Die Geschichte spielt im Harlem der achtziger Jahre. "Precious" ist 16, total fett und das zweite Mal schwanger - vom eigenen Vater. Mit drei Jahren wurde sie das erste Mal von ihm missbraucht, seitdem wird sie von ihrer Mutter als Konkurrentin gehasst. Diese Mutter demütigt und schlägt ihre Tochter, behandelt sie wie eine Haussklavin.
Die Darsteller der Tochter und der Mutter spielen so großartig, ich habe vergessen, dass ich einen Film sehe. Es war wie eine Dokumentation.
Das Wissen, dass diese Geschichte sich tagtäglich wiederholt - nicht nur im fernen Harlem, sondern z.B. in deutschen Plattenbauten - macht Einen fertig.

Mich hat dieser Film auch in meinem Glauben wieder mal an Grenzen gebracht.
Jesu Aufruf zur Feindesliebe wurde mir egal. Ich hoffte einfach, dass Precious ihrer fiesen Mutter endlich mal die Bratpfanne auf den Kopf donnern würde.
Ich begann zu zweifeln, dass Gott wirklich alle Menschen liebt. Diese Mutter verkörpert Boshaftigkeit, Lüsternheit und Faulheit schlechthin. Warum sollte die irgendjemand lieben?
Ich stellte Gottes Gerechtigkeit in Frage. Wie sollte aus einem Mädchen wie Precious, mit diesen schlimmsten Startbedingungen, jemals ein Mensch werden können, der offen für die Liebe Gottes ist? Zumal, wenn diese Liebe kaum Chancen hat, jemals bis zu ihr durchzudringen? Im Film hat es 16 Jahre gedauert, bis mal Jemand auf ihre Alltagshölle aufmerksam wurde...

OK - der Film vermittelt auch Hoffnung. Precious bekommt Hilfe von einer engagierten, liebevollen Lehrerin. Es ist ein Wunder, dass dieses Mädchen, das sich in ihren dicken Körper wie hinter einen Burgwall zurückgezogen hat, plötzlich erkennen kann, dass es Jemand gut mit ihr meint. Für sie wird die Lehrerin zu einem "Licht", das sie aus dem Tunnel führt.

Da wird der Film, trotz seiner drastischen Sprache und aller Brutalität, fast zu einem Lehrstück für Christen. Gerade, wenn uns Schicksale von "ganz woanders" an die Nieren gehen, wird Jesu Auftrag konkret: "Seid das Licht der Welt".

Keine Kommentare: